Ein Segen für die Opfer

Trier · Psychische Spätfolgen können abgewendet werden, wenn Opfer oder Zeugen einer Gewalttat schnell behandelt werden. Im Trie rer Brüderkrankenhaus gibt es eine Trauma-Ambulanz, die nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) arbeitet. Sie ist die vierte in Rheinland-Pfalz und gehört zu einem Pilotprojekt des Mainzer Gesundheitsministeriums sowie des Landesamts für Versorgung.

Trier. Ersthelfer oder Notfallseelsorger fangen Opfer direkt nach einer Gewalttat auf. Doch danach müssen die Menschen, deren Seele schwer verletzt wurde, oftmals lange Wartezeiten in Kauf nehmen, um das Geschehene gemeinsam mit einem Trauma-Therapeuten verarbeiten zu können. "Dabei geht wertvolle Zeit verloren", sagt Birgit Albs-Fichtenberg, Leiterin des Psychologischen Fachdienstes am Trierer Brüderkrankenhaus. Das Fatale: Die psychischen Folgen von Gewalttaten können sich laut Albs-Fichtenberg in den Wochen des Wartens als dauerhafte Gesundheitsstörung verfestigen.
Die Trauma-Ambulanz, die über das Opferentschädigungsgesetz (OEG) arbeitet, schließt nun eine Lücke zwischen erster psychologischer Hilfe und Therapieplatz - und beugt vor. Polizisten, Beratungsstellen, Frauenhäuser oder Mitglieder des Weißen Rings (siehe Extra) informierten Gewaltopfer über das Angebot und stellten auf Wunsch auch den Kontakt zur Ambulanz her. "Der Betroffene bekommt schnellstmöglich einen ersten Termin", erklärt Albs-Fichtenberg.
Nach der Diagnose werden Techniken zur Stabilisierung vermittelt, und die Therapeuten helfen, den ausgelösten Schock zu verarbeiten. Falls nicht vorher schon geschehen, wird gemeinsam ein Antrag auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz ausgefüllt. Das Landesamt für Versorgung entscheidet dann, ob ein Anspruch besteht. Bei positivem Bescheid können vier weitere Therapiesitzungen folgen. Für das Ja des Landesamtes ist es wichtig, dass es sich um ein aktuelles Tatgeschehen handelt und dass die Tat in Rheinland-Pfalz verübt wurde.
Wer kann die OEG-Traumaambulanz aufsuchen? "Opfer von körperlicher, sexueller und familiärer Gewalt, Zeugen etwa von Mord oder Gewalt an anderen Menschen oder bei sogenannten Schockschäden, wenn der Ehefrau etwa mitgeteilt wird, dass der Mann ermordet wurde", steht in dem Flyer. Karl Kopf vom Weißen Ring Bernkastel-Wittlich und Waltraud Krämer, im Verband für Trier und Trier-Saarburg zuständig, sprechen von einem "Segen für die Opfer".
Zurzeit gibt es vier OEG-Trauma-Ambulanzen in Rheinland-Pfalz. Im Juli 2011 waren die Pilotprojekte in der Dr.-von-Ehrenwallsche-Klinik in Bad Neuenahr-Ahrweiler und an der Mainzer Uniklinik gestartet. Im Oktober 2012 wurde die Pilotphase verlängert und um Trauma-Ambulanzen im Trierer Brüderkrankenhaus sowie in der Klinik Nordwestpfalz erweitert. "Ein bis zwei Opfer im Monat suchen Hilfe", sagt Albs-Fichtenberg. Das entspreche den Erfahrungen in den anderen OEG-Trauma-Ambulanzen in Rheinland-Pfalz. Nach fünf Sitzungen bräuchten die Traumapatienten meist keine Therapie mehr. "Je früher eine psychische Beruhigung gelingt", betont Albs-Fichtenberg, "umso besser."
Kontakt: Psychologischer Fachdienst im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier unter der Leitung von Dr. Birgit Aibs-Fichtenberg, Telefon 0651/208-2251, E-Mail: psychologie@bk-trier.de
Extra

Der Weiße Ring ist ein gemeinnütziger Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten. Am 22. März, am Tag der Kriminalitätsopfer, appelliert der Verein (bundesweit rund 53 000 Mitglieder) mit dem Aufruf "Sei stark. Hol dir Hilfe" an Opfer, die Straftat anzuzeigen und sich Unterstützung zu suchen. Weitere Infos: www.weisser-ring.de kat

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