Eine Reise in die Zeit Napoleons

Trier · Zum 20. Mal können Kinder zurzeit in den Trierer Kaiserthermen die historische Spielstadt erleben. Als Handwerkslehrlinge lernen sie das Leben und Arbeiten in Trier um das Jahr 1800 kennen.

Trier. Fachwerkhäuser aus Holz und Papier stehen in den letzten Wochen der Sommerferien auf in den Kaiserthermen. Junge Frauen in Gewändern, Umhängen und mit altertümlichen Hauben auf den Köpfen laufen durch die historischen Straßen. In den Handwerksstuben der historischen Spielstadt in den Thermen wird fleißig gebastelt, gewerkelt und gekocht: Geschichte muss also nicht immer trocken und langweilig sein. Denn Geschichte kann man leben. Genau das machen zurzeit etwa 100 Kinder täglich in den Trierer Kaiserthermen.
Die historische Bürgermeisterin Recking (im bürgerlichen Leben: Sandra Rouhi, 38) erzählt: "In den verschiedenen Werkstätten arbeiten die Kinder als Lehrlinge. Pro Stunde verdienen sie zehn Francs." Mit dem symbolischen Papiergeld können sie in der historischen Stadt einkaufen.
"Wir haben einen Lehrplan aufgestellt", sagt Rouhi. Die Kinder erfahren so in den letzten drei Ferienwochen etwas vom Leben um das Jahr 1800. Alles ist ein wenig französisch angehaucht, denn Trier war zu dieser Zeit von den Franzosen besetzt.
Für die Jüngsten stünde der Spaß im Vordergrund, die älteren erfahren etwas über die Historie. "Es gibt eine richtige Schule", erzählt Rouhi. Hier lernen die Kinder auf Französisch zu zählen, lernen Begrüßungsfloskeln und die alten Kalendernamen. "Derzeit befinden wir uns im Messidor, dem Erntemonat. Morgen beginnt schon der Termindor, der Hitzemonat", erklärt die 38-Jährige.
Das Leben um 1800 eigne sich sehr gut für dieses Projekt. In dieser Zeit sind in Trier zwei Welten aufeinandergeprallt. Es gab einen Konflikt zwischen Katholiken und Denkern, die aufklären wollten. Andererseits standen sich in Trier die preußische und die französische Kultur gegenüber. "Diese Konflikte sollen die Kinder spüren und so Geschichte erleben", sagt Rouhi.
In der Spielstadt steckt viel Arbeit. Seit November haben die Organisatoren geplant und recherchiert. Unterstützung in historischen Fragen gab es vom Museum Simeonstift und vom rheinischen Landesmuseum. "Alles soll so authentisch wie möglich sein", sagt Rouhi.
Trotz des Regenwetters waren am ersten Tag rund 80 Kinder bei der mobilen Spielstadt. Rouhi: "Einige haben um 8 Uhr morgens schon vor der Tür gestanden." Es sei selten, dass ein Kind nicht in das Stadtfieber gezogen werde. "Es sind die Einzelschicksale, die mitreißen. Es liegt eine gewisse Spannung in der Luft. Deswegen kommen die Kinder wieder." Sandra Rouhi kündigt an, dass Napoleon kommen werde, dass es eine Heirat geben werde und ein Schulkontrolleur den Unterricht überwache.
Unterstützung erhält das Projekt in erster Linie von der mobilen Spielaktion, der Stadtjugendpflege, dem Verein Burgen, Schlösser, Altertümer, der Jugendstiftung der Sparkasse Trier und der Nikolaus-Koch-Stiftung. Studenten der Universität Trier sorgen als Handwerksmeister für den reibungslosen Ablauf in der historischen Stadt.
In den letzten drei Wochen der Sommerferien können Kinder zwischen sechs und 14 Jahren in der historischen Spielstadt in den Kaiserthermen das Lebens des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts kennenlernen. Die Veranstaltung wird montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr angeboten. Der Eintritt ist frei.

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