Einfach nur dunkel

Anfang Dezember 1944 bekamen wir im Rahmen der Evakuierungsmaßnahmen auf der "Ortsgruppe" Schilder (wie heute Scheckkarten) mit den persönlichen Daten, die wir um den Hals tragen mussten. Weil meine Oma, 84-jährig, - für sie bereits der dritte Krieg - sich weigerte, wurden wir nicht evakuiert.

Mir persönlich wurde da meine Sterblichkeit erst bewusst, denn die Schilder dienten der Feststellung der Personalien im Falle eines "Umkommens". Was für mich besonders in Erinnerung geblieben ist, ist die absolute Dunkelheit, die draußen vor der Tür - im Dorf - war. Es durfte kein Lichtschimmer aus den Fenstern fallen, keine Straßenbeleuchtung - einfach nur dunkel. Da ich die Ältere war, musste ich die "Einkäufe" erledigen, das hieß stundenlanges Schlangestehen und bei plötzlichem Fliegeralarm einfach in den nächsten Keller rennen. Meine Mutter war Schneiderin, so bekamen wir im "Tauschgeschäft" ab und zu etwas Mehl, Milch, vielleicht sogar Butter von der weiteren Verwandtschaft aus der Eifel. So hatten wir an Weihnachten tatsächlich ein paar Knappkuchen (Plätzchen) und sogar Krumperkuchen. Meine Oma bestand darauf, einen Christbaum aufzustellen, Kerzen gab es keine - Geschenke? Vielleicht ein Stück Brot oder mal eine Nacht ohne Fliegeralarm. Marianne Sahler, 1944 in Ehrang wohnhaft, geboren 1931, zwei Brüder, damals neun und fünf Jahre alt, Vater im Krieg seit 1940.

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