Erschütternde Begegnung

EUREN. Nach einer Treibjagd im Eurener Wald fand Spaziergängerin Ulli Lieser ein durch Jagdmunition übel zugerichtetes Wildschwein am Wegrand. Schockiert beschäftigt sie sich seither mit der Frage, ob solche Jagden unnötig grausam verlaufen.

Ulli Lieser wohnt in Euren, nah am Waldrand. "Am 19. November war hier eine Treibjagd. Es standen zwar keine Warnschilder da, aber ich habe die Schüsse gehört", berichtet sie. Am nächsten Tag führte sie ihren Hund im Wald aus. "Unterwegs hörte ich einen Schuss, und auf dem Rückweg sah ich plötzlich ein Wildschwein am Weg liegen. Das war etwa zehn Gehminuten von der Straße entfernt. Dass ein Tier bei der Jagd so niedergemetzelt werden kann, hatte ich nicht für möglich gehalten. Der Bauch war zerfetzt und die Gedärme quollen heraus. Zum ersten Mal habe ich gesehen, wie ein Tier zugerichtet ist, das nicht richtig getroffen wurde." Im gleichen Moment tauchten zwei Jäger auf, die mit ihren Hunden auf der Nachsuche waren. Unter dem Schock, den der Anblick des verstümmelten Tieres bei Ulli Lieser ausgelöst hatte, entspann sich ein heftiger und emotionaler Dialog zwischen ihr und den Jägern. Zu Hause beschloss die Tierfreundin, ihrer Empörung durch den Gang an die Öffentlichkeit Luft zu machen. "Es soll zur Sprache kommen, was im Wald bei Treibjagden passiert. Da werden Tiere in ihrem Lebensraum über Stunden gehetzt, angeschossen und gehen dann elend zugrunde. Schon zum dritten Mal habe ich beobachtet, dass Jäger erst einen Tag nach der Jagd auf die Suche nach verletztem Wild gehen, statt es sofort aufzuspüren."Intensive Jagd gegen Schweinepest

Doch nicht nur dem Wild werde Leid zugefügt, auch Jagdhunde seien gefährdet, betont Lieser. Einem ihrer Bekannten sei am Tag der Jagd ein blutender Hund über den Weg gelaufen, der offensichtlich zur Jagdgesellschaft gehört habe. "Das Leid ist doch vorprogrammiert, man rechnet doch damit", meint sie. "Ich selbst habe beim Tierarzt gehört, wie ein Jäger fragte, ob die Praxis am nächsten Jagdtermin besetzt sei." Da sei ihr die Grausamkeit von Treibjagden bewusst geworden. "So wie es dabei zugeht, müssten die verboten werden." "Wir Jäger sind verpflichtet, zur Eindämmung der Wildschweinepest Wildschweine als Seuchenträger zurückzudrängen", sagt Robert Schwambach, Vorsitzender des Landesjagdverbandes. "Treib- oder Gesellschaftsjagd ist die einzig wirksame Methode, um zu der Anzahl Abschüsse zu kommen, die man uns aufnötigt. Ohne die hohen Auflagen würden wir das nicht so intensiv betreiben." Die Jagdteilnehmer seien durch die zweijährige Ausbildung zur Erlangung des Jagdscheins und durch Übungen auf Schießständen vorbereitet. "Allerdings werden im Verlauf einer Treibjagd oft Schüsse unter schwierigen Umständen abgegeben. Deshalb wird besondere Schockmunition verwendet , die sofort zum Tod führt, auch wenn nur der Lauf eines Tieres getroffen wird. Obwohl die Verletzungen manchmal böse aussehen, leidet das Tier nicht. Solange das Blut zirkuliert, kann sich das Wild aber noch weiter bewegen und muss deshalb hinterher aufgespürt werden." Das könne natürlich nur nach Ende der Jagd geschehen, um eine unnötige Gefährdung von Menschen und Hunden zu vermeiden. Im Gegensatz zu der in Frankreich gängigen Praxis des Vergiftens von Wildschweinen hält Schwambach die Jagd für eine humanere Methode. Natürlich gäbe es auch Gefahren: "Ganz selten kommt es vor, dass während eines Treibens ein Hund zwischen die Fronten gerät. Aber der wird dann sofort zum Tierarzt gebracht."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort