Fundgrube Römerfriedhof: Archäologen des Landesmuseums entdecken an Paulinstraße 300 Gräber aus Triers Frühzeit

Trier · Rund 300 Römergräber aus dem ersten bis dritten Jahrhundert nach Christus haben Archäologen des Rheinischen Landesmuseums bei ihren Grabungen an der Paulinstraße entdeckt. 2017 dürfte es weitere Untersuchungen auf dem einstigen Nordfriedhof des römischen Trier geben.

 Ein Fanartikel als Grabbeigabe: Die Terrakottafigur stellt einen Gladiator dar. TV-Foto: Roland Morgen

Ein Fanartikel als Grabbeigabe: Die Terrakottafigur stellt einen Gladiator dar. TV-Foto: Roland Morgen

Foto: Roland Morgen
 TV-Foto: Roland Morgen

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 Mit rund einem Drittel ist der Anteil der entdecken Körpergräber erstaunlich hoch. Vermutlich konnten sich die Angehörigen die Einäscherung der Verstorbenen nicht leisten. TV-Foto: Roland Morgen

Mit rund einem Drittel ist der Anteil der entdecken Körpergräber erstaunlich hoch. Vermutlich konnten sich die Angehörigen die Einäscherung der Verstorbenen nicht leisten. TV-Foto: Roland Morgen

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 In Originallage wie vor 19 Jahrhunderten: Grabungsleiter Joachim Hupe und sein Team haben an der Paulinstraße den Unterbau eines Grabdenkmals und fünf dazugehörige Urnen entdeckt. TV-Foto: Roland Morgen

In Originallage wie vor 19 Jahrhunderten: Grabungsleiter Joachim Hupe und sein Team haben an der Paulinstraße den Unterbau eines Grabdenkmals und fünf dazugehörige Urnen entdeckt. TV-Foto: Roland Morgen

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"Das ist für uns wie ein Sechser im Lotto", sagt Stadtarchäologe Joachim Hupe (51) und deutet auf eine Konstellation aus Steinblöcken und Tongefäßen. Was sich dem Laien nicht auf Anhieb erschließt, lässt Fachleute frohlocken: "Das ist der Unterbau eines Grabdenkmals plus fünf dazugehörige Urnengräber - alles noch in ungestörter Originallage wie vor fast 1900 Jahren." Ein Stillleben von absoluter Rarität. Denn normalerweise hat im Lauf von fast zwei Jahrtausenden immer wieder jemand dazwischengefunkt.

Gräber von 30 bis 260 n. Chr.

Etwa im Mittelalter, als Gruben zur Sandgewinnung gebuddelt wurden. Oder in der Bauboom-Zeit des späten 19. Jahrhunderts, als die Paulin- zur Prachtstraße mutierte. Oder 1944/45, als Trier mehrfach massivst bombardiert wurde und monatelang unter Artilleriebeschuss lag. Doch die fünf Urnen - wohl mit dem Leichenbrand von Angehörigen einer wohlhabenden Familie - haben unbeschadet überdauert.

Das lässt sich längst nicht von allen Bestattungen sagen, die das Archäologenteam des Rheinischen Landesmuseums auf dem ehemaligen Friedrich-Gelände an der Paulinstraße, also mitten auf dem großen Nordfriedhof des römischen Trier, entdeckt und dokumentiert hat. Insgesamt 300 sind im Lauf der neunmonatigen Untersuchungen zusammengekommen. Sie stammen aus der Zeit von 30 bis 260 nach Christus. Gut 60 Prozent sind Brandgräber.

Dass ein Drittel Körpergräber sind, überrascht, erlaubt aber auch Aufschlüsse über die Toten: "Es waren wohl Menschen, deren Angehörige sich die damals übliche Feuerbestattung nicht leisten konnten", vermutet Hupe. Gut für die Wissenschaft: Die dank des kalkhaltigen Bodens überwiegend gut erhaltenen Skelette können nun wissenschaftlich untersucht werden und damit vom Leben und Sterben in der Augusta Treverorum erzählen.

Auffallend ist der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen, die auf diesem Teil des Römerfriedhofs ihre letzte Ruhe gefunden haben. Auch die Grabbeigaben erzählen Geschichte. So wurde neben dem Skelett eines jungen Erwachsenen eine mit Steinchen gefüllte Gladiatoren-Minifigur aus Terrakotta gefunden. Ein Sportidol als Rassel, ein Fanartikel als Begleiter für den Weg durch die Finsternis …

Der Weg der Archäologen an der Paulinstraße wäre normalerweise jetzt zu Ende. Vertraglich vereinbart war, das rund 2000 Quadratmeter große Areal bis Anfang November zu räumen. Doch die Immobilienfirma Ifa (Schillingen), die dort einen 15 Millionen Euro schweren Wohn- und Geschäftshaus-Komplex mit 16 Miet- und 29 Eigentumswohnungen (drei Viertel davon bereits verkauft oder reserviert) und gemeinsamer Tiefgarage bauen wird, gewährt noch einen zeitlichen Nachschlag von zwei Wochen. Darüber ist Hupe sehr froh: "Denn gerade in der Endphase der Grabung hat es viel mehr Funde gegeben als zu Beginn, und denen können wir uns nun noch gebührend widmen."

Die "sehr gute Zusammenarbeit" (Hupe) mit der Ifa dürfte 2017 eine Neuauflage erleben. Laut Geschäftsführer Wolfgang Schäfer hat die Ifa ein weiteres großes Grundstück an der Paulinstraße erworben und will dort weitere 35 Eigentumswohnungen bauen. Das Areal des früheren Verma-Marktes liegt ebenfalls im Bereich des nördlichen römischen Gräberfeldes.

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