Funkstille beim Tanz der Narren

Der Offene Kanal wird den Trie-rer Rosenmontagszug nicht übertragen. Die Moderation 2007 hatte die Arbeitsgemeinschaft Trierer Karneval (ATK) derart verärgert, dass sie dieses Mal selbst für Moderator und Kommentar sorgen wollte. Doch das lokale Fernsehen will sich die Worte zu den bewegten Bildern nicht diktieren lassen.

 Vor einem Jahr konnten die Trierer den Rosenmontagszug via Offenem Kanal live im Fernsehen verfolgen. In diesem Jahr wird daraus nichts werden. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Vor einem Jahr konnten die Trierer den Rosenmontagszug via Offenem Kanal live im Fernsehen verfolgen. In diesem Jahr wird daraus nichts werden. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Trier. "Wir werden auf ein Engagement von OK54 Bürgerrundfunk beim Rosenmontagszug in Trier verzichten und haben alle Sendetermine bereits gestrichen." Otto Scholer, Vorsitzender des "Offener Kanal Trier e.V.", findet deutliche Worte. "Da die ATK offenbar kein gesteigertes Interesse an einer Berichterstattung im lokalen Fernsehen hat, werden wir alle Karnevals-Aktivitäten in unserem Programm grundsätzlich überdenken."Der Ursprung des Streits liegt ein Jahr zurück. Die Übertragung des Rosenmontagszugs 2007 wurde von Christian Jöricke und Jimi Berlin kommentiert, und deren Worte trafen offenbar weder den Geschmack der ATK noch den des Offenen Kanals. Umzug 2007 durch den Kakao gezogen

Scholer formuliert noch moderat: "Diese Moderation war einfach nicht gut. Den Humor hat nicht jeder verstanden, und in manchen Fällen waren die beiden Moderatoren auch einfach nicht gut informiert und vorbereitet. Wir würden es so nicht noch einmal machen." ATK-Zugleiter Stefan Feltes sagt dazu nur: "Das war absolut diffamierend und völlig daneben. Viele Teilnehmer und auch Zuschauer waren absolut empört, dass der Umzug derart plattgemacht und verspottet worden ist."Der um Wiedergutmachung bemühte Offene Kanal bot der ATK an, in diesem Jahr eine "erfahrene Trierer Karnevalistin" als Kommentatorin einzusetzen. Wer genau die Dame ist, will Otto Scholer nicht verraten, und es spielt auch keine Rolle mehr. Denn die ATK lehnte dieses Angebot ab. "Wir wollen dieses Risiko nicht eingehen", sagt Feltes im Gespräch mit dem TV. "Auch uns hat niemand verraten, wer die Dame ist, und unsere Teilnehmer wollen eine Sicherheit, dass sie nicht wie 2007 durch den Kakao gezogen werden." Die ATK wollte ihre eigenen, vor der Hauptmarkt-Tribüne postierten Moderatoren, darunter Präsident Peter Pries, in die Übertragung einspeisen lassen. Doch dabei will wiederum Otto Scholer nicht mitspielen. "Das ist nicht diskutabel. Wir lassen uns nicht vorschreiben, wer unsere Sendung moderiert. Für uns ist die Sache gestorben."Wieso hat der Offene Kanal 2007 eine Moderation ausgestrahlt, die er heute selbst als misslungen empfindet? Scholer: "Wir haben diese Moderation nicht überprüft. Es musste schließlich schnell gehen. Das ging direkt so über den Sender, wie es gesagt wurde, es gab keine Nachbearbeitung."Noch steht nicht fest, ob es jemals wieder eine Übertragung des Zuges im Offenen Kanal geben wird. Meinung Das lohnt sich nicht Man kann Karnevalisten vieles nachsagen, aber ein besonders dickes Fell gehört nicht dazu. Die Sensibilität ist hoch, das Nervenkostüm dünn. Ein Streit über die Frage, welcher Ort die älteste Herrensitzung des Landkreises für sich verbuchen kann, hat schon zu erbitterten und langen Auseinandersetzungen geführt. Hoffentlich ist der Streit zwischen der ATK und dem Offenen Kanal von kurzer Dauer, denn er lohnt sich nicht wirklich. Es spielt längst keine Rolle mehr, wie viel Qualität und Humor der Kommentar von 2007 hatte. Die ATK will ihren Umzug, hinter dem ein unmenschliches Ausmaß an Arbeit und Mühe steckt, nur noch wohlwollend kommentiert wissen. Das mag menschlich gesehen verständlich sein, ist im Karneval jedoch paradox. Schließlich nimmt sich der Karnevalist selbst das Recht, zu höhnen und zu spotten. Da kann gerade er nicht verlangen, selbst komplett verschont zu werden. j.pistorius@volksfreund.de

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