Geschichten von 1000 Märtyrern in Nazi-Deutschland

Trier · Sie leisteten als überzeugte Christen Widerstand gegen die Nationalsozialisten - und bezahlten dafür mit ihrem Leben: Leo Statz und Schwester Miriam Michaelis sind zwei Märtyrer des 20. Jahrhunderts, die in der Region Trier wirkten. In dem von Prälat Helmut Moll herausgegebenen Werk "Zeugen für Christus" werden sie gewürdigt.

 Prälat Helmut Moll. TV-Foto: Martin Recktenwald

Prälat Helmut Moll. TV-Foto: Martin Recktenwald

Foto: (h_st )

Trier. Das Wort "Märtyrer" wirkt heutzutage sperrig. Menschen, die ermordet werden, weil sie sich öffentlich zu ihrem Glauben bekennen? Das klingt nach weit entfernter Vergangenheit - und ist doch hochaktuell. Christenverfolgung nimmt derzeit zu. Die Lage der koptischen Christen in Ägypten oder die Situation im Iran sind ausgesprochen schwierig", skizziert Prälat Moll Gegenwartsbezüge. Auch das Wirken des selbsternannten Islamischen Staats, der Andersgläubige systematisch verfolgt, verleiht dem Märtyrertum erschreckende Aktualität.
Gerade deswegen hält Moll den Blick auf die eigene Vergangenheit im 20. Jahrhundert für enorm wichtig. Regime wie der Nationalsozialismus oder der Kommunismus mordeten systematisch, um ihren alle Lebensbereiche umfassenden Machtanspruch durchzusetzen. Widerstand dagegen nahm unterschiedliche Formen an, wie Moll ausführt: von der stillschweigenden Ablehnung bis hin zum öffentlichen Protest.
Beim Besuch in einem Trierer Gasthaus fuhr beispielsweise der Düsseldorfer Unternehmer Leo Statz einen verwundeten Soldaten an: "Wie kannst du nur so verrückt sein, dass du dir deine Knochen zerschießen lässt für Hitler?"
Statz war geschäftlich unterwegs in Trier, er war Eigentümer der Birresborner Mineralquellen und belieferte Gasthäuser in der Region auch mit Spirituosen. Den verdutzen Soldaten, der sich gerade von einer an der Ostfront erlittenen Verletzung erholte, versuchte er zu überzeugen: Das Reich der Nazis sei ein Reich des Teufels, das zugrunde gehen werde. Der christliche Glaube werde es überdauern.
Ein Angestellter von Statz erlebte die Szene mit. Als ihm der Chef eine eingeforderte Gehaltserhöhung verweigerte, verriet er ihn an die Gestapo. Leo Statz wurde verhaftet und im Zuchthaus Brandburg-Görden inhaftiert, wo er am 1. November 1943 hingerichtet wurde. Die Josefschwester Miriam geriet in doppelter Weise ins Visier der Nationalsozialisten. Sie wirkte nicht nur als aktive Christin sieben Jahre lang in Trier und vier Jahre in einem Heim für schwer erziehbare Jugendliche in Saarlouis. Sie war auch als Else Michaelis in einer jüdischen Familie geboren worden.
Ähnlich wie die bekannte Heilige, Edith Stein - die übrigens durch die Heilig-Rock-Wallfahrt 1933 und einen regen Austausch mit den Brüdern von St. Matthias ebenfalls mit Trier verbunden ist - hatte sich Else Michaelis als junge Frau vom Glauben ihrer Eltern entfremdet und dem Christentum zugewandt.
"Die Nazis haben sie sicherlich vor allem aus rassistischen Gründen verfolgt und getötet. Sie selbst deutete die Geschehnisse aber aus dem Glauben heraus", berichtet Moll.
Rund 1000 solcher Märtyrer-Lebensbilder aus ganz Deutschland haben verschiedenen Autorinnen und Autoren für das zweibändige Werk "Zeugen für Christus" zusammengetragen. Prälat Moll, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für das Martyrologium, hat die in der Regel fünfseitigen Kurzbiographien gesammelt und veröffentlicht. Inzwischen liegt die sechste überarbeitete und ergänzte Auflage des Buches vor. Worin er den Wert des Werkes sieht, fasst der Theologieprofessor so zusammen: "Wer die Zukunft gestalten will, bedarf eines gesunden Wissens über die Vergangenheit." ten
Extra

"Zeugen für Christus - Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts" herausgegeben von Helmut Moll im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz ist als sechste erweiterte und neu strukturierte Ausgabe beim Verlag Ferdinand Schöningh erhältlich. Die beiden Bände haben insgesamt 1828 Seiten und sind als Paket zum Preis von 98 Euro erhältlich, ISBN: 978-3-506-78080-5. ten

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