Grüne unterstützen CDU-Kandidaten

Trier · Die Trierer Grünen wollen bei der Trierer Beigeordneten-Wahl am kommenden Montag Andreas Ludwig (CDU) unterstützen. Die Christdemokraten hatten Ludwig am Montagabend als ihren Kandidaten nominiert (der TV berichtete am Dienstag).

 Andreas Ludwig. TV-Foto: C. Wolff

Andreas Ludwig. TV-Foto: C. Wolff

Trier. Die Abstimmung in der grünen Fraktion für den CDU-Kandidaten Andreas Ludwig ist am späten Montagabend einstimmig gefallen, erklärte Fraktionssprecher Thorsten Kretzer am Dienstag auf TV-Nachfrage. Nach der Vorstellungsrunde der Bewerber am Samstag, hätten die Grünen vier Kandidaten in der engeren Auswahl gehabt - darunter sowohl Ludwig als auch die amtierende Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU). "Ausschlaggebend für Ludwig war für uns seine fachliche Kompetenz, seine kommunikativen Fähigkeiten und seine Verwaltungserfahrung", sagt Kretzer.
Moselaufstieg kaum thematisiert


Gerade in Sachen Verkehrspolitik - eigentlich das Lieblingsstreitthema zwischen CDU und Grünen - habe der Christdemokrat beeindruckt. "Mit seinen Aussagen, dass die Trierer Verkehrsprobleme in der Stadt selbst gelöst werden müssen und es nicht unbedingt Luxuslösungen braucht, sondern auch schon mit kleinen Maßnahmen viel verbessert werden kann, hat Ludwig uns überzeugt", sagt Kretzer.
Konkret sei beim Vorstellungsgespräch über eine bessere Fahrradanbindung des Hauptbahnhofs an die City gesprochen worden. Der Moselaufstieg - das teure Traumprojekt der CDU, gegen das die Grünen vehement eintreten - sei nur am Rande thematisiert worden.
Mit der Unterstützung von CDU und Grünen dürfte dem 53-jährigen Ludwig, derzeit noch Bürgermeister im thüringischen Eisenach, der Sieg bei der Trierer Dezernentenwahl am Montag, 19. Januar, so gut wie sicher sein. Schwarz-Grün stellt im 56-köpfigen Stadtrat mit 29 Sitzen die knappe Mehrheit.
Ob die SPD angesichts dieses Vorentscheids noch einen eigenen Kandidaten aufstellt oder sich ebenfalls für Ludwig entscheidet, um diesem dadurch eine konstruktive Unterstützung im Stadtrat zu signalisieren, ist noch offen. "Wir haben drei Kandidaten auf unserer Favoritenliste und entscheiden erst am Mittwoch", erklärt SPD-Fraktionsvorsitzender Sven Teuber.
Parteitag der Grünen


Nachdem die wichtige Personalfrage zwischen Schwarz-Grün geklärt zu sein scheint, haben sich die beiden Parteien am Dienstagabend zu finalen Bündnisgesprächen getroffen. Am Samstag soll die grüne Basis beim Parteitag über die neue Liaison abstimmen. Vier schwarz-grüne Arbeitsgruppen haben dazu thematische Grundlagenpapiere aufgesetzt, in denen es um gemeinsame Ziele, aber auch Dissenzen geht. "Darin sind die abschließenden Formulierungen und Inhalte festgelegt", erklärt Grünen-Sprecher Thorsten Kretzer.
Am Donnerstag oder Freitag sollen die Bündnisvereinbarungen an die Parteimitglieder verteilt werden. Einer der dicksten inhaltlichen Punkte: Der Neubau der wegen Schimmels geschlossenen Egbert-Grundschule. Wie dieser vier bis fünf Millionen Euro teure Bau gestemmt werden könnte, wollen CDU und Grüne im Detail bei einer Sondersitzung am Donnerstagabend miteinander besprechen. "Uns schwebt vor, dass man einen Teil des jetzigen Grundstücks der Egbert-Schule als Baugrund vermarktet und den daraus erzielten Gewinn zur Finanzierung des Neubaus der Grundschule nutzt", sagt Kretzer.
Einen architektonischen Vorschlag für die Wohnbebauung, der im Einklang mit den demkmalpflegerischen Vorgaben durch die Nähe des Amphitheaters stehe, habe man bereits probehalber anfertigen lassen.Meinung

Ironie der Geschichte
Wozu noch eine Wahl?, könnte man sich angesichts des schwarz-grünen Mehrheitsvotums für Andreas Ludwig fragen. Weil jedes Stadtratsmitglied letztlich nur seinem Gewissen verpflichtet ist, und weil eine Wahl ein Zeichen setzen kann - auch, wenn der Gewinner schon festzustehen scheint. Keine Frage: Als stärkster Fraktion im Stadtrat steht es der CDU zu, unter einem SPD-Oberbürgermeister und neben einer grünen Sozialdezernentin sowie einem parteilosen Wirtschaftsdezernenten ein Parteimitglied im Stadtvorstand zu platzieren. Und angesichts seiner langjährigen Berufserfahrung als Dezernent und seiner fachlichen Eignung ist Ludwig sicherlich kein schlechter Mann dafür. Doch ob er auch der beste ist? Zweifel daran hat leider aufkommen lassen, dass außer Ludwig kein weiterer CDU-Kandidat zumindest zum Vorstellungsgespräch nach Trier gekommen ist. Ein Vergleich mit einem der beiden anderen CDUler, die zur Vorstellungsrunde geladen waren, dann aber in Absprache mit ihrer Partei absagten, war nicht möglich. Doch nur eine echte Auswahl zwischen mehreren CDU-Alternativen hätte den Grünen die Möglichkeit gegeben, ein überzeugendes Votum abzugeben. So galt für den kleinen Bündnispartner "Friss oder stirb" - und zwar ganz unabhängig von der tatsächlichen Eignung Ludwigs. Dass für die Grünen offenbar ausgerechnet Ludwigs Ideen zur Verkehrspolitik ausschlaggebend waren, verwundert obendrein. Denn mehr als die aktuelle CDU-Baudezernentin sich in ihrer Amtszeit gegen die eigene Partei für grüne Rad- und ÖPNV-Politik starkgemacht hat, geht nicht. Und während man sich bei Kaes-Torchiani auch künftig sicher sein kann, dass sie über kein parteipolitisches Stöckchen springt, gilt Ludwig als Parteisoldat. Den Grünen könnte - wenn auch aus anderen Gründen - ihre Entscheidung für Ludwig daher noch schneller auf die Füße fallen, als ihr damaliges Votum für Birk. Dass der Hauptgrund der Grünen für ein Ja zum schwarz-grünen Bündnis und damit zu Ludwig ist, die bis vor kurzem auf der Abschussliste der CDU stehende grüne Dezernentin im Amt halten zu können, wirkt da wie eine ironische Absicht der Geschichte. c.wolff@volksfreund.de

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