Gute Idee, schwaches Konzept

2000 Trierer Schüler waren gestern zum Anti-Drogen-Tag in die Arena gekommen. So löblich Idee und Engagement der Organisatoren waren: Dem Programm mangelte es an einem pädagogischen Konzept.

 Suchttag in der Arena: Handball-Mieze Diane Roelofsen, niederländische Nationalspielerin, gibt fleißig Autogramme. TV-Foto: Friedemann Vetter

Suchttag in der Arena: Handball-Mieze Diane Roelofsen, niederländische Nationalspielerin, gibt fleißig Autogramme. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Die Neuntklässlerin ist froh, die Brille wieder abnehmen zu können. "Extrem!", ruft sie erstaunt, "wenn das unter Alkohol wirklich so ist, ist's heftig!" Der gewünschte Lern-Effekt des Bobby-Car-Parcours beim Anti-Suchttag in der Arena hat bei der Gymnasiastin offenbar gefruchtet. Die Spezial-Brille simuliert den verschwommenen Tunnelblick bei 1,3 Promille. Die Verkehrshütchen, die sie im Slalom umfahren sollte, sind reihenweise umgefallen.Nebendran belagern Schüler die fünf Laptops der Suchtberatungsstelle "Die Tür". Bei einem Online-Quiz können sie ihr Wissen in Sachen Drogen überprüfen und erweitern. Das Angebot der übrigen Stände erschöpft sich weitestgehend in zahllosen Info-Broschüren. Begonnen hat der Tag mit einer Vortrags-Reihe und Info-Videos. Hauptorganisator ist Siegfried Kinzig, Diözesan-Vorsitzender des Kreuzbunds. Alle Trierer Schulen hat er im Vorfeld besucht, um den Tag zusammen mit Stadt und Caritas vorzubereiten. "Wir sind zufrieden, fast alle Schüler nehmen sich Info-Material mit", sagt der 67-Jährige. Zu Hause würden die Jugendlichen sich die Broschüren genauer durchlesen, ist er überzeugt. Ein Lehrer der Robert-Schuman-Realschule sieht das anders: "Moderne Prävention sieht anders aus", erregt er sich, "es gibt ja kaum Programm!" Auch zwei junge Lehrerinnen der Ehranger Realschule zweifeln am pädagogischen Konzept der Veranstaltung: "Die Idee ist gut, aber der Rahmen einfach zu groß, es herrscht Unruhe, die Schüler sind kaum eingebunden", sagt eine der Frauen. Tatsächlich haben etliche Schüler schon wieder die Halle verlassen, als das Programm weitergeht. Per Mikro fragt ein junger, flotter Moderator die Schüler nach ihren Drogen-Erfahrungen. "Ich habe noch nie Alkohol getrunken", erklärt eine Jugendliche. "Dafür hast du dir zwei Eintrittskarten zum Basketball verdient", lobt der Moderator und überreicht dem grinsenden Mädchen den Gewinn.Am Bobby-Car-Parcours probieren sich derweil zwei 16-jährige Berufsschüler aus. Die Spezial-Brille beeindruckt sie nicht. "Das Sehen klappt bei Alkohol ja eigentlich ganz gut, nur das Gehen nicht", sagt der eine. Mit 14 würden viele anfangen mit dem Trinken und Kiffen. "Dann findet man das cool." Mit 16 könnten die meisten ihren Konsum aber schon ganz gut einschätzen, ist der andere überzeugt und ergänzt: "Den schlimmsten Fall, den ich kenne, ist sowieso ein 30-Jähriger - der trinkt sogar Rasierwasser, wenn nix anderes da ist."

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