Handwerk Handwerkermarkt zeigt: Zwiebeln sollte man lieber mit Bronze schneiden

Trier · Der Trierer Handwerkermarkt stellt vor, was menschliche Arbeit ohne Industriemaschinen zu leisten vermag. Eine Seife weckt Erinnerungen an die WM.

 Bronze ist nicht nur etwas für die Antike: Jens Nettlich (am Amboss) erklärt die Vorzüge des Materials für Messer zum Schneiden säurehaltiger Lebensmittel und führt vor, wie eine Klinge gehärtet wird.

Bronze ist nicht nur etwas für die Antike: Jens Nettlich (am Amboss) erklärt die Vorzüge des Materials für Messer zum Schneiden säurehaltiger Lebensmittel und führt vor, wie eine Klinge gehärtet wird.

Foto: Martin Recktenwald

Rund um die Porta Nigra ist Tabuzone für Fabrikware: Beim Handwerkermarkt zählen an diesem Wochenende Kreativität und Geschick menschlicher Arbeit. Glas, Stein, Holz, Metall oder Stoff – aus nahezu jedem Material haben die Betreiber der 125 Stände Dekoratives sowie Praktisches geschaffen. Und unmittelbar vor den Augen der Besucher wird vorgeführt, wie das auch ohne große Maschinen geht.

Eine ganze Menge können wir dabei von den Menschen lernen, die in früheren Jahrhunderten lebten, findet Jens Nettlich. Zum Beweis lässt er den Hammer schwingen und demonstriert altes Schmiedewissen. „Alleine durch die Schwingungen im Handgelenk und den Klang beim Hämmern kann man spüren wie sich das Metall verändert“, erläutert er. Nur wenige Schläge und eine brüchige Messerklinge ist hart geworden. Dem prüfenden Betasten durch die am Zelt stehenden Zuschauer hält sie mühelos Stand.

So spielerisch einfach wie es aussieht, ist es aber auch wieder nicht. Ja, es habe doch etliche Fehlschläge benötigt, um diese Schmiedetechnik zu meistern, gesteht Nettlich. Der Diplom-Designer für Metallgestaltung hat sich in Gemünden bei Daun ein Atelier eingerichtet, in dem er sich mit Metallen in ihren vielen Formen beschäftigt. Interessant ist dabei keineswegs nur Stahl, auch die antike Legierung Bronze hat einiges zu bieten. „Bronzemesser wurden verwendet für säurehaltige Lebensmittel. Weil dieses Metall nicht mit Lebensmittelsäure reagiert, gibt es keinen metallischen Geschmack ans Essen weiter“, zeigt er erneut, dass schon vor dem Industriezeitalter die Leute wussten, was sie taten. Durch das Kupfer in der Legierung wirke die Bronze zusätzlich noch antibakteriell – auch in der modernen Küche ein geeignetes Material für Zwiebeln oder Äpfel.

Von Schwarz-Rot-Gold bis Blau-marmoriert – die Farbenvielfalt kennt am Stand von Susanne Fischers kaum Grenzen. Wer näher rangeht, wird zusätzlich mit einem Dufterlebnis belohnt: Vanille mischt sich zu Lavendel. Seife ist die Spezialität von Fischers und ihrem aus Freiburg angereisten Team. „Ich habe früher als selbständige Kosmetikerin gearbeitet und bin so zum Thema Hautpflege gekommen“, erzählt sie. Vor rund 15 Jahren verkaufte sie ihre erste selbst hergestellte Seife. Olivenöl, ätherische Öle, Natronlauge und natürliche Farben – viel mehr ist in diesen Reinigungsstücken nicht drin. Künstliche Duftaromen und andere bei Industrieseifen übliche Zusatzstoffe lässt Fischer bewusst weg: „Wir wollen Produkte anbieten, die gerade auch für Allergiker interessant sind.“ Schon seit einigen Jahren ist die Freiburgerin mit ihren Seifen beim Handwerkermarkt in Trier regelmäßiger Gast. Diesmal sorgt bei den Kunden ein Stück in Deutschland-Fahnen-Optik für Gesprächsstoff – der ein oder andere sarkastische WM-Kommentar bleibt nicht aus.

Grün ist hingegen die alles beherrschende Farbe bei Angela Weiffens Keramik. „Mit diesem Muster wollte ich vor zehn Jahren einen Gegenpunkt zu den damals bei Servicen üblichen weißen und zartblauen Farben setzen“, erzählt die Keramikmeisterin, wie eines ihrer Markenzeichen entstanden ist. Das Arbeitsmaterial habe hingegen schon früher festgestanden, bereits in jungen Jahren habe sie sich für Ton und Co. begeistert.
Eine Menge Arbeitsschritte stecken in so einem mit grünen Spiralmustern verzierten Krug.  „Mit rund einem Kilo Ton auf der elektrischen Drehscheibe fange ich an“, beschreibt die Handwerkerin aus dem nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück. Henkel, Ornamente und dergleichen werden separat angefertigt und mit dem Krug verbunden. Zwischen 25 bis 30 Einzelteilen werden zusammengefügt und anschließend bei 1 210 Grad gebrannt. Dann kommt die Farbglasur drauf und vor dem letzten Brennen noch eine Schutzschicht. „Die mische ich vor allem aus Feldspat und Quarz. Bei erneuten Brennen wird sie durchsichtig – das ist so ähnlich wie bei Glas“, erklärt Weiffen. Mit diesem Schutz ist das Geschirr dann auch für Spülmaschine, Backofen und Mikrowelle geeignet.

Eingeladen zum Handwerkermarkt hat die Handwerkskammer Trier. Auch sie ist mit einem Stand nahe der großen Marx-Statue vertreten. Dort sind einige Früchte der Zusammenarbeit mit einer Jugendeinrichtung in Ruanda zu sehen. „Über unsere Initiative ,Handwerk hilft‘ geben wir Arbeitsgerät und Wissen an die dortigen Azubis und ihre Ausbilder weiter“, sagt Kammerpräsident Rudi Müller.

Außerdem existiert ein Austauschprogramm für Auszubildende. Auch am Stand kann man ruandische Handwerkskunst und Kultur kennenlernen. Zum Beispiel das traditionelle Brettspiel „Igisoro“ mit 32 Mulden und vielen, erbsenförmigen Kügelchen – die Spielregeln liegen bei.

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