Hartz IV auf Prüfstand

Im Februar hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: Die Methoden, wie der Gesetzgeber Regelleistungen bei Hartz IV festlegt, sind verfassungswidrig. Die Verfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt und Sozialministerin Malu Dreyer sprachen in der Richterakademie über das Urteil und die Konsequenzen.

Trier. (thie) Für Sozialministerin Malu Dreyer ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bahnbrechend. "Man kann das Existenzminimum nicht nach Kassenlage definieren", sagte sie in der Deutschen Richterakademie. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hatte Malu Dreyer und Christine Hohmann-Dennhardt, Richterin am Bundesverfassungsgericht, zum Gespräch in die Richterakademie eingeladen, um über die Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts zu Hartz IV zu diskutieren. Es hatte die Methoden zur Ermittlung der Regelsätze beanstandet.

Es bleibt wenig Zeit. Bis zum Ende des Jahres müssen die Gesetze geändert werden. "Von Transparenz ist wenig zu sehen. Wir wissen nicht, was die Regierung vorhat", sagte Dreyer. Sie könnte auch mehr Sachleistungen anbieten, um die menschenwürdige Existenz der Hilfe empfänger zu sichern. "Ich bin gegen stigmatisierende Gutscheine. Sachleistungen sind aber grundsätzlich in Ordnung", sagte Dreyer. Als Beispiel nannte sie das freie Mittagessen für Schulkinder in Rheinland-Pfalz.

Zum Lohnabstandsgebot sagte die Ministerin: "Statt die Regelsätze den sinkenden Löhnen anzupassen, sollte durch Mindestlöhne die Abwärtsspirale beim Einkommen gestoppt werden." Die Erwartungen auf Armutskonferenzen seien oft hoch. "Viele rechnen mit einer Erhöhung der Sätze", sagte Dreyer. Eine Einschätzung, die sie nicht teile.

Zur Entscheidung des Gerichts sagt Hohmann-Dennhardt: "Wir haben nicht über die absolute Höhe der Regelsätze entschieden, sondern über die Methoden der Berechnung" Sie seien verfassungswidrig. Um den Bedarf der Hilfeempfänger zu ermitteln, wird die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes herangezogen, mit der Einkommen und Konsum der Menschen untersucht werden. Entscheidend sind die Konsumausgaben der Menschen im unteren Fünftel der Einkommensskala. Ausgaben für Luxusartikel und Bildung berücksichtigt der Gesetzgeber nicht, ohne diese ausreichend zu begründen. Das hat das Gericht bemängelt. "Der Gesetzgeber muss statistisch genau begründen, warum er Abschläge festlegt. Solange er das nicht kann, muss er darauf verzichten", sagte Hohmann-Dennhardt.

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