Hier ist Bordellwerbung ab sofort tabu: Stadt Trier will Verbotszonen ausweisen

Trier. · Die Stadt Trier wird überflutet mit Rotlichtreklame. Tafeln, Plakate und auch taktisch an zentralen Punkten geparkte Fahrzeuge zeigen leicht bekleidete Damen. Die Verwaltung will das nicht mehr dulden und schlägt zurück. Die Betreiber erhalten Fristen, um die Werbung zu entfernen - sonst kommt das Ordnungsamt.

Die Römerstadt ist allein schon aufgrund ihrer geografischen Lage ein Schwerpunkt im Bordelltourismus. Die Nähe zu Frankreich, dort ist Prostitution illegal, führt zu einem regen Grenzverkehr. Auch Luxemburger Kunden nehmen das Angebot, das sie in Trier finden, offensichtlich gerne an. Das zeigt der hohe Anteil am Luxemburger Nummernschildern vor Triers größtem Bordell im Industriegebiet Trier-Nord.

Die Betreiber der Bordelle setzen auf großflächige Werbung. Das tun sie immer öfter und intensiver, Triers Ordnungsdezernent Thomas Schmitt (CDU) spricht von einer Werbeoffensive. "Prostitutionswerbung hat massiv zugenommen", sagt Schmitt. "Im Stadtgebiet werben die Betriebe auf großen Plakaten und mit Aufdrucken auf Fahrzeugen, die auf öffentlichen oder privaten Flächen abgestellt werden." Besonders diese mobile Werbemethode ärgert Schmitt, das sieht man ihm an. "Solche Autos wurden sogar rücksichtslos an Schuleingängen geparkt und auch auf unsere ausdrückliche Bitte nicht weggefahren." Die starke Präsenz der Rotlichtwerbung hat schon oft viele Menschen in Trier verärgert (der TV berichtete mehrmals). Schmitt hatte bereits eine härtere Gangart angekündigt. Jetzt wird er konkret: Prostitutionswerbung im Stadtgebiet soll massiv eingeschränkt werden.

Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) steht hinter dem Ordnungsdezernenten. "Wenn man derart übertreibt, wie die Bordellbetreiber es zurzeit tun, dann fordert man natürlich eine Reaktion der öffentlichen Hand heraus", sagt Leibe. "Diese Reaktion kommt jetzt. Wir ziehen eine Linie, und vielleicht schreiben wir damit Rechtsgeschichte."
Eine selbstbewusste Bemerkung des Trierer Verwaltungschefs, aber generell nicht zu weit hergeholt. Denn das Prostituiertenschutzgesetz, auf das die Stadt sich berufen will, ist noch sehr jung und erst am 1. Juli in Kraft getreten. Im Paragrafen 32 dieses Gesetzes geht es um ein Werbeverbot. Bordell- und Prostitutionswerbung ist dann verboten, wenn sie "nach Inhalt oder Umfang oder nach Art des Trägermediums und seiner Verbreitung geeignet ist, schutzbedürftige Rechtsgüter der Allgemeinheit, insbesondere den Jugendschutz, konkret zu beeinträchtigen." Im Klartext: Wenn Rotlichtwerbung den Jugendschutz gefährdet, findet sie nicht statt.

Diesen Paragrafen wollen Leibe und Schmitt nutzen. "Allein der massive Umfang dieser Werbung ist aus Sicht der Stadt vor allem eine Gefährdung des Jugendschutzes", erklärt Schmitt.

Was hat die Stadt konkret vor? Sie packt einen Zirkel aus. "Wir legen einen Mindestabstand von 500 Metern fest", sagt der Ordnungsdezernent. Um alle Schulen, Kindertagesstätten, Familienzentren, Jugend- und Jugendschutzeinrichtungen oder auch Sportstätten wird ein Radius von 500 Metern gelegt, innerhalb dessen keine Rotlichtwerbung erlaubt ist. Weder als Werbetafel noch als Plakat noch als strategisch geparktes und entsprechend bedrucktes Fahrzeug. Schmitt: "Verstöße werden als Ordnungswidrigkeit verfolgt."

Die Verwaltung hat die Autos mit Bordellaufdruck besonders im Visier. Wer ein Auto als mobilen Werbeträger im öffentlichen Straßenraum abstellt, kann sich nicht einfach darauf berufen, er parke doch nur. Er braucht eine Genehmigung für eine Sondernutzung für diese Form der mobilen Werbung. Die bekommt er aber nicht - zumindest nicht in Trier.

"Eine solche Sondernutzung wird in der Stadt Trier nicht genehmigt", betont der Dezernent. Weder für käuflichen Sex noch für ein anderes Gewerbe. "Wer in Zukunft ein solches Fahrzeug stunden- oder tagelang an einem öffentlichen Ort abstellt und damit offensichtlich Werbung machen will, muss mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren rechnen."

Was wird jetzt geschehen? Die Offensive der Stadtverwaltung gegen die Rotlichtwerbung im öffentlichen Raum landet heute auf der Tagesordnung des Dezernatsausschusses III, dessen Sitzung um 17 Uhr im Rathaus beginnt. Dann werden die Fraktionen Gelegenheit haben, sich zur Offensive gegen zuviel Rotlichtwerbung zu äußern.
Die Stadt hat Fristen gesetzt und will alle betroffenen Unternehmen, laut Thomas Schmitt sind es drei, einzeln anschreiben. "Die Unternehmen haben dann zwei Monate Zeit, die Werbung auf Plakaten und Transparenten innerhalb der Schutzzone von 500 Metern zu entfernen."

Für die als Werbeträger eingesetzten Fahrzeuge ist die Frist wesentlich kürzer. Diese müssen innerhalb von zwei Wochen aus dem Stadtbild verschwinden.

Rigo Wendt, er betreibt den Club Pearls in Trier-Nord, erklärt auf Anfrage des Trierischen Volksfreunds: "Wenn diese Regeln in dieser Form beschlossen werden, dann werde ich mich mit Sicherheit auch daran halten."

Der Kommentar:
Die Betreiber haben ihre Karten überreizt

Von Jörg Pistorius

Prostitution ist ein in Deutschland anerkanntes Gewerbe. Das gilt auch für Trier. Die Bischofs- und Universitätsstadt mag vom bezahlten Sex halten, was sie will - solange alles legal, ohne Zwang, Ausbeutung und Freiheitsberaubung über die Bühne geht, darf das Rotlichtgeschäft laufen. Dennoch ist die Zahl der Menschen, die Sexarbeit hygienisch, moralisch und emotional abstoßend finden und ablehnen, natürlich groß. Wenn im öffentlichen Raum Lebenszeichen des Rotlichtmilieus auftauchen, ist die Sensibilität generell hoch. Der operative Betrieb dieses Geschäfts ist deshalb ein schmaler Grat - und den haben die Betreiber in Trier klar überschritten. Über die Folgen dürfen sie sich nicht wundern.
Es ist doch völlig klar, dass die Stadt Trier nicht tatenlos zusehen wird, wenn Bilder leicht bekleideter und stark geschminkter Damen in provokanten Posen immer öfter im Stadtbild auftauchen. Besonders die vermeintlich schlaue Masche, Autos als mobile Werbung so zu platzieren, dass möglichst viele Menschen sie sehen, war zu viel des Guten. Jetzt greift die Stadt durch - sehr gut.

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