IHRE MEINUNG

Zum Bericht "NPD-Demo: Verschiebung rechtmäßig" (TV vom 22. Dezember):

Als zufälliger Passant am Bahnhof erlebte ich die auch in der Zeitung knapp angekündigte NPD-Demonstration: brüllende Lautsprechermusik (Wagner) vom Dach eines verrosteten Kleintransporters, ein kaum sichtbares Häuflein der ewig Gestrigen, sicher abgeschirmt durch eine Polizeikette, nur wenige Meter gegenüber eine Reihe jugendlicher Gegendemonstranten der AG Frieden, zirka 25 Polizeiautos im Umkreis von 200 Metern. Zwei Polizeibeamte erlaubten mir, mich hinter die Linien zu begeben, damit ich die Transparente der Gegendemo lesen konnte. Ich konnte es allerdings nicht: zu tief, zu klein geschrieben, mit einer spanischen Parole, die keiner verstand. Es gab keine Dynamik, keinen Dialog, alles wurde überdröhnt von miserabler Musik in bestialischer Lautstärke (Tatbestand der Nötigung). Ich frage mich: Wie fehlgeleitet müssen diese Leute von der NPD sein? Ist das der Bodensatz, der in jeder Gesellschaft anzutreffen ist? Oder sind das Symptome von Armut, Bildungsmangel, Perspektivlosigkeit? Ist unsere Gesellschaft völlig unschuldig an diesen Phänomenen? Ich hätte gern mit den ideologisch Verrannten diskutiert, aber das überlaute Musikgeplärre ließ mir gar keine Chance dazu. Es ist gut, dass die NPD verboten werden soll, aber damit ist das Problem für uns noch lange nicht erledigt. Wie gut auch die Nachricht im TV, dass das Oberverwaltungsgericht Koblenz in zweiter Instanz die Entscheidung der Trierer Verwaltungsrichter bestätigt hat, dass eine NPD-Demonstration am Gedenktag der Holocaustopfer eine militante Provokation darstellt und mit Recht durch die Stadt verboten wurde. Gut so, Oberbürgermeister Klaus Jensen! Gut so, Trier! Wir müssen der braunen Soße Einhalt gebieten, wo immer sie uns entgegentritt. Wir müssen allerdings auch die Ursachen sehen und ihre Änderung konsequent in Angriff nehmen. Bernhard Gies, Trier

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