IHRE MEINUNG

Zur Berichterstattung über das Krähenproblem in der Stadt Trier:

Von Krähen im Allgemeinen kann man in diesem Fall nicht berichten. Jeder Rabenvogel, so nennt man diese Gruppe von Vögeln, legt ein anderes Verhalten an den Tag. So hat zum Beispiel die Rabenkrähe, die auf dem kleinen Bild den Rest einer weggeworfenen Pizza probiert, nichts mit den Vögeln auf den Bäumen zu tun, die jeden Abend ihre Schlafplätze in Scharen in der Stadt aufsuchen. Die Rabenkrähe wird man immer nur in kleineren Gruppen, in Trupps oder sogar einzeln antreffen. Womit wir es hier in Trier zu tun haben, ist die Saatkrähe. Als kleiner Junge, also in den 1950er Jahren, fielen mir immer schon die Saatkrähennester in der Nähe des Martinsklosters oder am Moselufer neben der Feuerwache auf. Die Saatkrähe ist ein recht geselliger Vogel und nistet in kleinen Kolonien. Sie war schon immer in Trier zu Hause. Doch warum fallen uns plötzlich diese riesigen Schwärme auf? Meiner Meinung nach liegt das an dem extrem warmen Winter oder besser noch an den warmen Wintern überhaupt. Der alte Brehm berichtete bereits 1935 von Krähen und Staren, die wegen der warmen Winter nicht mehr in südlichere Gefilde ziehen. Unsere Saatkrähen ziehen also nicht mehr gegen Süden, und es kommen in jedem Winter aus dem Norden und dem Osten weitere Krähen hinzu, die gerne im wärmeren Westdeutschland überwintern. So kann man jeden Abend das Schauspiel bewundern, wenn die Saatkrähen von der Nahrungssuche aus dem Umland zurückkehren, sich lauthals gebärden, wenn sie sich einen Schlafplatz suchen auf den hohen Bäumen, die auf den Trierern Plätzen stehen. Sie kommen vielleicht auch deshalb, weil es über der Stadt ein halbes Grad wärmer ist als im Stadtwald. Und was sie über den Tag gesammelt haben - Insektenlarven, Drahtwürmer, Raupen, Schnecken, Mäuse, Samen, Pflanzenteile und auch Abfälle - wird in Ruhe verdaut und dort fallen gelassen, wo es eben nicht mehr gebraucht wird. Manfred Klinkhammer, Trier

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