IHRE MEINUNG

Zum Bericht "Jecken jubeln über Jauch" (TV vom 11. Januar):

Man gilt ja schnell als Spaßbremse, wenn man sich kritisch zu Dingen äußert, die im Karneval gesagt wurden. Wir möchten niemandem den Spaß verderben, aber dennoch anmerken, dass auch Aussagen, die "nur zum Spaß" gemacht werden und "nicht böse gemeint" sind, so manchem das Lachen im Halse stecken bleiben lassen. Wie zum Beispiel die scherzhaft gemeinten Autismus-Anspielungen Marcel Reifs über Günther Jauch bei der Gala der Arbeitsgemeinschaft Trierer Karneval am vergangenen Samstag, über die der TV berichtete. Als Eltern- und Betroffenen-Selbsthilfeverein möchten wir die TV-Leser gerne darauf hinweisen, dass viele Menschen - wie zum Beispiel Herr Reif - oft ein sehr vages und von Stereotypen geprägtes Verständnis von Autismus-Spektrum-Störungen haben. Autismus in den Medien als sprachliches Bild für "Eigenbrötler", "gefühllos" oder, wie in diesem Fall geschehen, "zurückgezogen lebend" zu verwenden, verstärkt falsche Vorstellungen in der Öffentlichkeit und erschwert autistischen Menschen und ihren Angehörigen das Leben. Sie finden es gar nicht zum Lachen, dass ihre Beeinträchtigung zum lustigen Persönlichkeitsmerkmal eines Prominenten verniedlicht wird. Zumal sowohl das Fachwissen als auch die Informationsmöglichkeiten über diese tief greifende Entwicklungs- und Wahrnehmungsverarbeitungsstörung immer mehr anwachsen und auch Betroffene sich immer öfter selbst in den Medien zu Wort melden. Neuere Schätzungen gehen davon aus, dass circa 0,7 bis ein Prozent der Menschen auf dem Autismus-Spektrum liegt. Wir wünschen uns, dass man mit ihnen lacht - nicht über sie. Brigitte Pfeiffer-Jung, Trier, Vorsitzende des Vereins Autismus Mosel-Eifel-Hunsrück, Regionalverband Trier - Hilfen für Menschen mit Autismus

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