Prozess 57-Jährigem drohen sechseinhalb Jahre Haft

Trier · Im Trierer Prozess wegen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen hat der Staatsanwalt sechseinhalb Jahre Haft für den Angeklagten beantragt. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch.

 Das Landgericht Trier verkündet am 7. März das Urteil gegen den 57-Jährigen, der seine beiden Töchter missbraucht haben soll.

Das Landgericht Trier verkündet am 7. März das Urteil gegen den 57-Jährigen, der seine beiden Töchter missbraucht haben soll.

Foto: TV/Friedemann Vetter

Es ist der dritte Verhandlungstag vor der Dritten Großen Jugendkammer des Landgerichts. Auf der Anklagebank der 57-Jährige Kurde, dem 51-Fälle von Kindesmissbrauch vorgeworfen werden. Am schwersten betroffen – so das Ergebnis der zurückliegenden Hauptverhandlung – war vermutlich seine älteste Tochter. Auch ihre jüngere Schwester war Opfer, doch sie erlitt die Attacken ihres Vater nicht stillschweigend über Jahre hinweg, sondern offenbarte sich 2017 der Mutter, die zu dem Zeitpunkt schon vom Mann getrennt lebte. Für die bis dahin ahnungslose Frau und Mutter brach nach ihren eigenen Angaben damals die Welt zusammen – und das Ergebnis ist dieses Verfahren (der TV berichtete).

Der Angeklagte beharrt indessen verbissen auf seiner Version, dass er das Opfer einer Hetzkampagne sei. Man gehöre eben dem strengen jezidischen Glauben an – und nach dessen Maximen wolle er die Kinder erziehen. Das habe die Familie gegen ihn aufgebracht. Und diese Vorwürfe seien eine Inszenierung seiner Frau, weil sie ihn endgültig los sein wolle.

Die dunklen Wolken, die sich immer bedrohlicher über ihm zusammenballen, sieht er nicht oder will er nicht sehen. Schon zu Prozessbeginn hatte er die Möglichkeit eines strafmildernden Geständnisses ausgeschlagen.

Vor den Schlussworten von Anklage, Nebenklägervertreterin und Verteidiger wird gestern als letzter Zeuge der 14-jährige Sohn der Familie gehört. Auch dieser Zeuge belastet seinen Vater, obwohl ihm die Situation sichtlich unangenehm ist. Er berichtet von den Schlägen, die er und seine Geschwister vom Vater erhalten hätten, und wie der Mutter ein blaues Auge zugefügt worden sei.

In der Schule war der Junge nach eigenen Angaben durch Aggressivität gegen Lehrer und Mitschüler aufgefallen. „Das kam von dem Stress daheim“, sagt der Zeuge und erzählt schließlich von den sexuellen Attacken des Vaters gegen seine jüngere Schwester, die er ungewollt mitbekommen hätte.

Wie bei vorangegangenen Zeugenvernehmungen will der Angeklagte intervenieren. Vorsitzender Günther Köhler droht, ihn von der Verhandlung auszuschließen. Die Bitte, seinen Sohn umarmen zu dürfen, wird ihm verwehrt. Der Junge verlässt am Ende den Saal, ohne einmal zum Vater herüber zu schauen.

Staatsanwalt Stephane Parent beantragt in seinem Schlusswort sechseinhalb Jahre Haft wegen 51 Fällen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Vermutlich seien es mehr Taten gewesen, sagt Parent, und das Geschehene sei durch die glaubwürdigen Aussagen der Töchter eindeutig belegt. Parent: „Wenn eine 15-Jährige wie hier geschehen 35 Minuten lang in einem Stück berichtet und dabei auch Details und kleine Begebenheiten nennt, die niemand erfinden kann, lässt das nur den Schluss zu, dass sie alles selbst so erlebt hat.“

Dem schließt sich Ruth Streit-Stifano als Vertreterin der Nebenklägerinnen an. Die Anwältin: „Der Angeklagte will sich auf seine strenge jezidische Religion berufen. Aber er ist nicht religiös, sondern benutzt seinen Glauben nur, um seinen Willen durchzusetzen.“

Auch Verteidiger Günter Buchmann spricht über den Glauben seines Mandanten, sagt, dass er die älteste Tochter jezidisch habe verheiraten wollen, den jugendlichen Mädchen keine Freunde oder Diskobesuche erlaubte, und dass am Ende die Familie gegen ihn stand. Buchmann: „Auch nach drei Verhandlungstagen steht hier Aussage gegen Aussage. Ich beantrage Freispruch.“ Und der Angeklagte erklärt zum Schluss: „Ich liebe meine Kinder, aber meine Frau wollte mich los werden und hat einen Vorwand gesucht.“

Das Urteil wird am Mittwoch, 7. März, um 10 Uhr verkündet.

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