Schule In Trier und Trier-Saarburg fallen Tausende Schulstunden aus

Trier · An den staatlichen Trierer Gymnasien fanden im vergangenen Schuljahr 7000 Stunden nicht statt. Im Kreis ist es nicht besser. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft schlägt Alarm.

 Schüler einer 5. Klasse nehmen an einer Gruppenarbeit teil. Unser Symbolfoto zeigt eine Szene aus Essllingen in Baden-Württemberg.

Schüler einer 5. Klasse nehmen an einer Gruppenarbeit teil. Unser Symbolfoto zeigt eine Szene aus Essllingen in Baden-Württemberg.

Foto: picture alliance / Marijan Murat/Marijan Murat

Wenn der Unterricht  ausfällt, gehen die Sichtweisen weit auseinander. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)  weist darauf hin, allein an den fünf staatlichen Gymnasien in der Stadt Trier habe es im Schuljahr 2016/2017 einen Vertretungsbedarf von über 18 000 Stunden gegeben. Das entspricht etwa 7,5 Prozent  der gesamten Stunden. Ausgefallen seien dann tatsächlich 7000 Stunden oder 2,9 Prozent.

Auch im Landkreis Trier-Saarburg sind die Zahlen hoch. An den Gymnasien Saarburg, Konz, Schweich und Hermeskeil mussten im Schuljahr 2016/2017 mehr als 20 000 Schulstunden vertreten werden. Fast 6000 dieser Stunden sind ausgefallen. Diese Zahlen stammen vom Bildungsministerium in Mainz und sind im Internet unter der Adresse bm.rlp.de veröffentlicht worden. Die Behörde spricht dennoch weiterhin von der „besten Unterrichtsversorgung seit Jahren“.

Eltern und Schüler in der Stadt Trier und dem Landkreis Trier-Saarburg berichten von langen Ausfällen, die aber statistisch dennoch als Unterricht gewertet werden. Die ausgefallene Stunde werde dann einfach zum „Arbeiten ohne Lehrer“. In Grundschulen werden die betroffenen Schüler auf andere Klassen aufgeteilt.

Der TV-Bericht „Wenn der Lehrer wieder mal krank wird“ am 13. März motivierte viele Betroffene, der Redaktion per Brief oder Mail zu schreiben. Tenor der Aussagen: Es gibt viel zu wenig Vertretungslehrer. Die einmal pro Jahr veröffentlichte Statistik des Landes über die strukturelle Unterrichtsversorgung zeige nicht den Schulalltag, sondern nur einen theoretischen Wert. In dieser Statistik wird vor Beginn des Schuljahres anhand der Schülerzahlen  ermittelt, ob das Personal ausreicht, um das Soll an Lehrerwochenstunden zu erfüllen oder ob  zusätzliche Lehrkräfte eingestellt werden. Ausfälle durch Erkrankungen tauchen darin nicht auf.

Das Bildungsministerium Rheinland-Pfalz verteidigt die Statistik dennoch. Sprecher Henning Henn betont auf Anfrage des TV: „Wir konnten  die Unterrichtsversorgung kontinuierlich verbessern. Gerade im Bereich der Grundschulen, in dem in anderen Bundesländern ein erheblicher Fachkräftemangel besteht, konnten wir 2017 erneut alle Planstellen besetzen.“ Kurzfristige krankheitsbedingte Ausfälle seien jedoch nicht planbar.

Dennoch sehe man in Mainz  nicht tatenlos zu, sagt Henn. Ein Beispiel seien die „Feuerwehrlehrkräfte“ an den Grundschulen, „deren Einsatz wir noch effektiver gestalten wollen“. Außerdem habe das Land schon 2011 einen Vertretungspool von dauerhaften Beamtenplanstellen eingerichtet, der inzwischen 1100 unbefristete Planstellen umfasse und bis zum Schuljahr 2019/2020 auf 1350 Planstellen ausgebaut werden soll.

 Michael Frien und Christian Gerteis sind die Vorsitzenden der Bezirke Trier und Kreis der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Sie  betonen: Wenn ein Lehrer krank wird, ist nur selten Vertretungsunterricht möglich. „Die meisten Schulen verfügen über ein eigenes Budget, um die Einstellung von Vertretungslehrern zu regeln“, schreiben Frien und Gerteis in einer gemeinsamen Erklärung. „Dieses Budget reicht in der Realität nicht einmal aus, den gesetzlichen Fortbildungsurlaub der Lehrkräfte zu vertreten.“

Der Landeselternbeirat, der 700 000 Eltern rheinland-pfälzischer Schüler repräsentiert,  hat eine Onlinepetition gestartet, die aktuell 5400  Unterstützer hat. In dieser Petition fordern die Eltern eine „signifikante Verbesserung der Unterrichtsversorgung auf 110 Prozent“, eine Verbesserung der Unterrichtsqualität sowie „eine konsequente Bekämpfung des Unterrichtsausfalls.“

Der Kommentar:

Wenn die Ersatzbank fehlt

Ein Fußballtrainer, der in seinem Kader elf Spieler hat, kann nur dann ein komplettes Team auf den Platz schicken, wenn alle gesund sind. Sollten ein oder zwei Kicker verletzt ausfallen, hat der Trainer keine Mannschaft mehr. Dann nutzt es ihm auch nichts, wenn sein Vorstand ihm sagt: Wir wissen gar nicht, was du willst. Alle Planstellen sind besetzt.

Dieses absurd scheinende Beispiel ist die Basis der Personalplanung an rheinland-pfälzischen Schulen. Das Land ermittelt anhand der aktuellen Schülerzahlen, wie viele der zum Erreichen des Stundensolls notwendigen Planstellen besetzt sind. Wenn ein Lehrer kurzfristig ausfällt, ist eine Vertretung sehr oft unmöglich, weil der Schulleiter – genau wie der eben erwähnte Trainer – keine ausreichend große Ersatzbank hat, mit der er Ausfälle gleichwertig ersetzen kann.

Die Besetzung der Planstellen reicht nicht aus, weder im Fußball noch in der Schule. Das Land muss es den Schulen ermöglichen, auch kurzfristige Ausfälle zu kompensieren.

j.pistorius@volksfreund.de

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