Inklusion in Trier: Die entschärfte Rampe ist nur ein Anfang

Trier · Inklusion bedeutet, dass Menschen mit und ohne Behinderung selbstverständlich miteinander leben und arbeiten können. Im Rathaus Trier soll das Thema von einer Chefsache zur Selbstverständlichkeit werden.

 Julia Hollweg von der Universität Trier präsentiert bei der Pressekonferenz des Stadtvorstands die umgestaltete Rampe am Porta-Nigra-Platz. Der Umbau ist Ergebnis des neuen Bewusstseins in der Stadtverwaltung für die Belange behinderter Menschen im

Julia Hollweg von der Universität Trier präsentiert bei der Pressekonferenz des Stadtvorstands die umgestaltete Rampe am Porta-Nigra-Platz. Der Umbau ist Ergebnis des neuen Bewusstseins in der Stadtverwaltung für die Belange behinderter Menschen im

Foto: Friedmann Vetter

Gerd Dahm ist Vorsitzender des Behindertenbeirats Trier und bekannt dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn ihm Dinge wichtig sind. "Wenn es um Barrierefreiheit in Trier geht, müssen wir noch dicke Bretter bohren", sagt der Sonderpädagoge am Montag bei dem Pressegespräch im Rathaus, zu dem Oberbürgermeister Wolfram Leibe und seine Stadtvorstandskollegen eingeladen haben.

Leibe stimmt dieser Aussage ebenso zu wie Baudezernent Andreas Ludwig und Sozialdezernentin Angelika Birk. Inklusion ist das Thema, das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung (siehe Extra). "Wir sind auf dem Weg", sagt der Oberbürgermeister, "aber es ist kein Kurzstreckenlauf."

Das Ergebnis einer einjährigen Forschungsarbeit der Universität Trier im Bereich Angewandte Humangeographie in Zusammenarbeit mit dem Behindertenbeirat soll dabei helfen, den Weg zu verkürzen. Wie Projektleiterin Julia Hollweg erläutert, wurde der Alltag von Menschen mit Behinderung in Trier untersucht. Sieben Arbeitsgruppen haben sich mit den Themen Mobilität, Einkaufen, Arztpraxen, Essen gehen, kulturelle Einrichtungen, Natur und Vereine-Sport-Sportstätten befasst und zum Teil per Ampelsystem bewertet. Gespräche mit Betroffenen wurden geführt. Die Studierenden erspürten in Selbsttests, wie es ist, als Seh-, Hör- oder Gehbehinderter Trier zu erleben.

"Sie sind für ihre zukünftige Arbeit als Planer sensibilisiert worden", ist Julia Hollweg überzeugt. "Es gibt in Trier bauliche und mentale Barrieren", sagt sie, "auch wenn schon gute Lösungen vorhanden sind. In Zukunft sollte bei allen Vorhaben in der Stadt gefragt werden: wie erreicht man das ohne Beine? Wie nimmt man das wahr ohne Gehör oder Sehkraft?"

Die Fotos, die sie dem Stadtvorstand und den Gästen des Pressegesprächs zeigt, machen deutlich, was sie damit meint. Die Bilder zeigen die Rampe vor der Porta Nigra nach deren Umbau zu einem für Rollstuhlfahrer ungefährlichen Zugang zum Platz. Auch Fotos vom neuen und viel glatteren Pflasterbelag in der Simeonstraße hat sie dabei. Es sind Beispiele dafür, wo die Stadt Trier im vergangenen Jahr bereits im Sinne der Inklusion gehandelt hat.

Oberbürgermeister Wolfram Leibe hatte das Thema als Chefsache von seinem Vorgänger übernommen. Er versichert, auch dank des Inklusionsplans sei es in jedem Dezernat präsent. "Wir kommen damit voran."

Dem widerspricht auch Gerd Dahm nicht, der Vorsitzende des Behindertenbeirats. "Der Stadtvorstand hat das Thema verstanden." Nun müsse es bei der Suche nach Lösungen für Einzelmaßnahmen auch darum gehen, den Mitarbeitern Angst zu nehmen. "Es ist besser, eine Sache nicht ganz perfekt zu machen, als sie lieber ganz sein zu lassen."

Extra:

Mehr als nur Barrierefreiheit

Die Grundvoraussetzung für Inklusion ist Barrierefreiheit. Damit Menschen mit und ohne Behinderung selbstverständlich zusammenleben, -lernen, -wohnen und -arbeiten können, gilt es auch, die mentalen Barrieren abzubauen. Die von seinem Vorgänger Klaus Jensen in Gang gesetzte Diskussion darüber hat im Sommer 2016 zu dem unter Federführung von Oberbürgermeister Wolfram Leibe vom Stadtrat einmütig verabschiedeten Inklusionsplan geführt. Seitdem stehen alle Ämter im Rathaus in der Verpflichtung, bei ihren Projekten an die Belange beeinträchtigter Menschen zu denken.

Der Forschungsbericht der Universität Trier soll eine Hilfe sein, die Notwendigkeit und Bedeutung zahlreicher Maßnahmen besser einschätzen zu können.

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