Jung, kreativ und lecker

TRIER. Der junge Spitzenkoch Oliver Wagner hat das Restaurant Palais Kesselstatt übernommen. Mit gehobener, moderner Küche will er die Gourmetlandschaft in Trier beleben.

Eröffnen Restaurants neu, wagen Inhaber häufig nicht, zur großen Feier zu laden. Zu groß ist das Risiko, dass die ungewohnte Küchenausstattung für Schwierigkeiten sorgt oder die neuen Räumlichkeiten ungeahnte Probleme bereiten. Erst, wenn sich nach einigen Wochen alles eingespielt hat, wird offiziell - und abgesichert - gefeiert. Anders Oliver Wagner: Mit einem kulinarischen Paukenschlag hat der Spitzenkoch sein neues Restaurant in Trier eröffnet. Rund 60 Gästen servierte er mit seinem Team zehn erlesene Köstlichkeiten. Jugend kennt eben weniger Angst vor Unwägbarem: Oliver Wagner ist erst 26 Jahre alt - und doch der Älteste in seinem 13-köpfigen Team. Weinstube mit Wagner-Handschrift

In der großen Kesselstatt-Küche herrscht geschäftige Betriebsamkeit. "Alice geht mit Wasser, ihr macht Essen", ruft einer der Kellner. Trotz der Hektik bleibt der vielzitierte harte "Küchenumgangston" aus. Die jungen Leute scherzen und lachen, während sie eilig mit Tabletts, Tellerstapeln, Besteckkästen, Servietten, Pfannen, Gläsern und Weinflaschen aneinander vorbei huschen. Das "fliegende Menü" beginnt mit einer Löffelparade. Etwa eine Viertelminute braucht einer der jungen Köche für das Anrichten jedes Portionslöffels: Gemüse, Wachtelbrust und Wachtelei oder Büsum-Krabben. Acht Löffel pro Teller, drei Teller pro Kellner. Die Gäste in den gediegen und edel ausgestatteten Räumen des Restaurants genießen die Mund-auf-und-hinein-Portionen und dazu eine Reichsgraf-von-Kesselstatt-Auslese. "So eine Küche hat Trier gefehlt", sagt eine der Damen versonnen. Auch Dieter Hilgers hat allen Grund, sich zu freuen. Schließlich wird das Wagner-Team auch die Weinstube des Palais Kesselstatt bekochen. "Unsere Karte bleibt zwar, wie sie ist - auch im Preisniveau. Aber Wagners Handschrift wird natürlich auch unsere Gerichte prägen", sagt der Inhaber der angrenzenden Weinstube, deren Terrasse an diesem Abend gut besetzt ist - was in der Küche zusätzliche Arbeit bereitet. Doch Oliver Wagner bleibt gelassen. Und putzt fleißig und ohne Allüren Salat, spült Töpfe, eilt im Laufschritt zum dampfenden Edelstahl-Ofen, sucht Besteck zusammen, poliert Geschirr, zeigt seinem Auszubildenden, wo auf dem Teller die Gänsestopfleber platziert werden muss und wo die flüssigen Mandelsplitter. Sein Vater, der Gourmetkoch Jupp Wagner aus Mayen/Eifel, übt augenzwinkernde Kritik: "Die Schweinebäckchen könnten ein bisschen weicher sein, mein Sohn", sagt der von Michelin und Gault Millau hochgelobte Maître. Früher hätte der Filius Architekt werden wollen, dann Grafikdesigner, dann Schreiner. Was Kreatives eben. "Dann hat er sich doch für die Küche entschieden - ohne dass ich ihm dazu geraten habe", erzählt Wagner senior. Von der Pike auf habe sein Sohn gelernt. Erst Hotelfachschule, dann Kochlehre. Als Küchenchef im väterlichen Restaurant errang Oliver Wagner 14 Gault-Millau-Punkte, 19 Punkte sind die bisher vergebene weltweite Höchstbewertung. Dann wechselte der Junior ins renommierte Weinhaus Syré in Bendorf am Rhein. Im Jahr 2002 eröffnete er das Restaurant "Silsch" in Klausen und erkochte sich gleich im ersten Jahr zwölf Gault-Millau-Punkte und eine Erwähnung im Aral-Schlemmer-Atlas. 2004 kam sein zweites "Silsch" in Wittlich dazu - und eine Erwähnung im Michelin-Gourmet-Führer. In der Küche sammelt Oliver Wagner seinen Kellner und die vier Kellnerinnen um sich. "Gegrillte Dorade auf mediterraner Gemüsevinaigrette", klärt er sein Team über die nächste Kreation auf den Tellern auf und schickt sie los in sein neues Restaurant. Der junge Wilde mit dem schläfenlangen blond gesträhnten Haaren will es eben zum dritten Mal wissen - im Traditionshaus Kesselstatt.

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