Bildung Fünf Eltern gründen eine Schule

Trier · Junge Mütter und Väter planen eine freie Bildungseinrichtung in der Region Trier. Eine Alternative zum bestehenden Angebot sei dringend nötig, argumentieren sie.

 Respekt, Freundlichkeit und Demokratie sollen das Leitbild der neuen Schule prägen, die (von links) Maria Ries, Katrin Hillebrand, Liliane Tischer, Berit Kessler, Maximilian Tischer gründen wollen.

Respekt, Freundlichkeit und Demokratie sollen das Leitbild der neuen Schule prägen, die (von links) Maria Ries, Katrin Hillebrand, Liliane Tischer, Berit Kessler, Maximilian Tischer gründen wollen.

Foto: Katja Bernardy

Sie wollen Schule anders machen: Liliane und Maximilian Tischer, Maria Ries, Katrin Hillebrand und Berit Kessler. Vier Mütter und ein Vater sind der Kopf der Initiative Freie alternative Schule Trier e.V. Noch wissen sie nicht, wo in der Region Trier das Schulgebäude einmal stehen wird, wer dort lernen und unterrichten wird, doch ihre Vision nimmt zunehmend Form an.

Fest steht bereits: „Wir wollen einen inklusiven Lernort schaffen, in dem gegenseitiger Respekt, Freundlichkeit und Demokratie gelebt und gelernt werden“, sagt Liliane Tischer, Mutter von zwei Kindern (1 und 3), mit dem Vereinsvorsitzenden Maximilian verheiratet und Diplom-Pädagogin. Ohne Angst und Bewertung sollen die Kinder altersübergreifend in der neuen Schule lernen können – auf jeden Fall von der ersten bis zur vierten Klasse, bestenfalls bis zur zehnten. Im Fokus soll die Persönlichkeit jedes einzelnen Mitglieds der Schulgemeinschaft stehen. So die Kurzfassung des Plans.

Was bewegt die Eltern, eine freie alternative Schule zu gründen? Seit der Geburt des ersten Kindes hat sich Liliane Tischer mit Themen wie gewaltfreier Kommunikation beschäftigt – einem Modell, das zeigt, wie Menschen idealerweise miteinander kommunizieren können. Mit dem neuen Wissen habe sie auch das Schulsystem in Frage gestellt, sagt sie. In Regelschulen werde versucht, eine homogene Gruppe herzustellen. „Doch jedes Kind ist anders, und es ist Humbug, dass alle zur gleichen Zeit das Gleiche lernen sollen“, sagt Tischer.

Auch aus Sicht von Maria Ries, dreifache Mutter, Erzieherin und Studentin frühkindlicher inklusiver Bildung, liegt in manchen Schulen einiges im Argen: Sie hat sich mit der eigenen Schulzeit und der ihrer
Tochter auseinandergesetzt. An viel Druck erinnert sie sich. Das Schulsystem empfindet sie nach wie vor als starr, sie spricht von Flickwerk und davon, dass das Machtverhältnis zwischen Lehrern und Schülern häufig ungesund sei. „Manchmal reicht es schon aus, eine andere Meinung zu haben, und dann hat das Kind ein Problem“, sagt Ries.

Wissenschaftliche Erkenntnisse, etwa, dass Kinder sich bewegen wollen, würden in vielen Klassen nicht beachtet, und die soziale Herkunft entscheide noch zu sehr über den schulischen Erfolg.

Maximilian Tischer hat sich nicht nur als Vater und während seines
Studiums – Psychologie, Pädagogik und Soziologie – mit alternativen Schulformen befasst: Bereits in seinem Elternhaus wurde über demokratische Schulen gesprochen. Er strebt an, ein Lernumfeld zu schaffen, das modern ist, wissenschaftlich fundiert, sich am Kind orientiert – und offiziell als Schule zugelassen ist. Denn Privatschule ist nicht gleich Privatschule. Auch in Rheinland-Pfalz wird zwischen Ersatz- und Ergänzungsschulen unterschieden. Ersatzschulen sind staatlich anerkannt.

Knapp 7,7 Prozent der Schüler besuchen in Rheinland -Pfalz eine Privatschule, also rund 40 000 junge Menschen. Laut Eveline Dziendziol, Sprecherin der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier, gibt es in Rheinland-Pfalz zurzeit 133 genehmigte Ersatzschulen in freier Trägerschaft, 16 davon liegen in der Stadt Trier sowie im Kreis Trier-Saarburg (siehe Info). Ersatzschulen müssen vom zuständigen Ministerium genehmigt werden. Dazu müssen Bedingungen erfüllt sein. Beispielsweise müssen freie Schulen in ihren Lehr- und Erziehungszielen öffentlichen Schulen entsprechen oder zumindest gleichwertig sein.

Wer eine Schule gründet, braucht auch Geld. Erst drei Jahre nach Schulgründung können Privatschulen staatlich anerkannt werden und
staatliche Mittel erhalten. Eine von mehreren Voraussetzungen erfüllt die Initiative seit Juli bereits: die Gemeinnützigkeit. Aktuell arbeiten die Tischers, Ries, Hillebrand und Kessler am Inhalt der Schule. Auf der Internetseite und in den sozialen Medien können Interessierte die einzelnen Schritte verfolgen – oder mitmachen.

Die Resonanz sei groß, sagt Maximilian Tischer. Mehr als 160 Nutzer folgten der Elterninitiative auf Facebook. Regelmäßig wollten Eltern wissen, ob man das Kind schon anmelden könne. Die Tischers hoffen, dass ihre Älteste in drei Jahren in der freien alternative Schule starten kann.
Schon weiter gereift ist der Plan zweier weiterer Vereine, eine inklusive Schule in Trier zu gründen: Der Trierer Arbeitskreis Montessori-Pädagogik (TAM) und Schule für alle in der Region Trier wollen zum Schuljahr 2019/2020 mit einer freien Montessori-Schule starten (ausführlicher Bericht folgt).

Der Verein Freie alternative Schule Trier ist Mitglied im Bundesverband der freien alternativen Schulen. Weitere Infos unter   www.freieschuletrier.de und unter www.freie-alternativschulen.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort