Keine Lust auf Unterricht

In der Stadt Trier gibt es rund 160 aktenkundige Schulschwänzer: Schulverweigerer also, die nicht regelmäßig zur Schule gehen. Allein im vergangenen Schuljahr wurden 260 Bußgeldverfahren gegen sie eingeleitet. Das Jugendprojekt "Ridz" unterstützt bei der Wiedereingliederung.

Trier. Den "typischen" Schulverweigerer gibt es nicht. "Oft ist es aber ein männlicher Jugendlicher, zwischen 13 und 15 Jahren alt, wahrscheinlich hat er eine Klasse wiederholt und hatte eine problematische Schulkarriere", erklärt Diplompädagoge Bernhard Laux. Es könne aber genauso gut ein Mädchen betreffen, vom Tod des Vaters aus der Bahn geworfen.

Schulschwänzen als Ausdruck von Verweigerung, Überforderung, Frust, Perspektivlosigkeit: Teilweise bleiben die Jugendlichen einfach zu Hause, wenn Eltern erzieherisch an ihre Grenzen stoßen. Manche hängen in der Stadt ab in "einschlägigen" Treffpunkten wie am Bahnhof, in Märkten oder Passagen. "Wir hatten aber auch mal jemand, der sich stundenlang auf eine Bank auf dem Friedhof gesetzt hat", berichtet Laux.

Er ist Projektleiter von "Ridz" - die Abkürzung steht für das Projekt "Reintegration in die Zukunft", das seit 2001 im Palais e.V. läuft und betroffene Jugendliche in Absprache mit ihnen selbst, mit dem Elternhaus und der Schule betreut.

Neben anderern erzieherischen Hilfen sei "Ridz" in dieser Form das einzige Projekt in der Stadt, das sich explizit um betroffene Jugendliche kümmere, sagt Laux. Meist nehmen Schulen, Eltern oder Institutionen Kontakt zum Palais auf, wenn ein Schüler beharrlich Fehlstunden sammelt.

Es gilt, Perspektiven zu vermitteln, schlechte Kontakte beim Abhängen zu vermeiden und feste Tagesstrukturen zu erhalten. Denn ähnlich wie in der Schule müssen die Jugendlichen an den Vormittagen in das Palais kommen. Dort werden Arbeitspläne erfüllt, um einen Schulbesuch vorzubereiten, Arzt- und Ämtergänge erledigt und vor allem eine verlässliche Beziehung hergestellt.

Wer sich nicht an die Vereinbarung hält und unregelmäßig in die Betreuung kommt, kann mit einem Bußgeldverfahren belegt werden (siehe Extra).

"Ein ganz wichtiges Instrument, es sollte aber nicht das einzige sein. Durch eine Geldbuße bekommt man nicht unbedingt mehr Lust auf Schule", bekräftigt Laux.

Die Erfolgsquote von "Ridz" kann sich sehen lassen: 70 Prozent der Teilnehmer gehen wieder in die Schule. Zwar habe das Gros nicht die "supertollen" Zeugnisse. Ein betreutes Mädchen habe es aber sogar unter die besten Absolventen im Berufsvorbereitungsjahr geschafft.

Hauptsächlich Haupt- und Förderschulen endeten sich an ihn, berichtet Laux. Wünschenswert wäre, dass die Jugendhilfe schon auf dem Gymnasium greife, bevor die Jugendlichen nach unten "durchgereicht" würden. HintergrundBußgeldverfahren: Schulschwänzer können auf Antrag der Schule als letztes Mittel vom Schulverwaltungsamt mit Bußgeldern belegt werden. Der Bescheid sieht fünf Euro pro unentschuldigtem Fehltag vor. Wird die Buße nicht gezahlt, können ersatzweise Sozialstunden oder Jugendarrest festgelegt werden. Das Bußgeld wirke auf viele abschreckend, so dass sie die Schule wieder besuchten, erklärt Rathaussprecher Ralf Frühauf. Allerdings gelte dies nur für Jugendliche ab 14 Jahren, an die der Bescheid persönlich geht. Problematisch wird es bei Jüngeren: In diesen Fällen ergeht der Bußgeldbescheid gegen die Erziehungsberechtigten. Wenn die ALG-Empfänger sind und nicht zahlen, werden die Verfahren eingestellt. Notfalls greifen Zwangsmaßnahmen der Arge, die Leistungen kürzen kann. (gsb)Extra"Ridz": Das Projekt wurde 2001 ins Leben gerufen und betreut im Jahr durchschnittlich 35 bis 40 Jugendliche. Der Stellenschlüssel variiert, er liegt derzeit bei 1,3 Stellen. Insgesamt nahmen bisher 260 Jugendliche bei "Ridz" teil. Das Projekt wird von der Stadt als freiwillige Leistung und dem Landesbildungsministerium finanziert. (gsb)

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