Keine Partei, aber Mandat

Aus seiner Partei ist er - zumindest vorerst - rausgeflogen, im Stadtrat will er bleiben: "Linke Politik kann man auch ohne Partei machen", erklärt Johannes Verbeek, Ex-Mitglied der Linken. Mit Peter Spang, kürzlich aus der SPD-Fraktion ausgetreten, bilde er eine "virtuelle Fraktion".

Trier. Eine offizielle Begründung für den Parteiausschluss des Trierer Stadtrats Johannes Verbeek (TV von gestern) hat die Bundesschiedsstelle der Linken auch am Dienstag nicht geliefert. Dabei hängt von der rechtsverbindlichen Verkündigung einiges ab: "In diesem offiziellen Schreiben wird mir auch mitgeteilt, welche Fristen es für mögliche Rechtsmittel gibt", erklärt Verbeek. Ob er gegen den Parteiausschluss vor ein Zivilgericht ziehen werde, habe er noch nicht entschieden, Kontakt mit einem Anwalt allerdings schon aufgenommen.

Den Ausschluss wertet Verbeek als Fortsetzung einer "systematisch verfolgten Ausgrenzungsstrategie des Kreisverbandes" (KV). Dieser hatte Verbeeks Rausschmiss wegen "parteischädigenden Verhaltens" schon im Sommer bei der Landesschiedsstelle durchgesetzt. Dagegen hatte der Kürenzer sich jedoch gewehrt. Dass die Bundesschiedsstelle jetzt die Entscheidung bestätigt hat, verletze und deprimiere ihn. Weder seine 60-seitige Darlegung des "korrupten Vorgehens" des KV noch sein 150-seitiges Belegexemplar des "Ausgrenzungsprozesses" seien von der Bundesschiedsstelle gewürdigt worden. Seine kritischen Äußerungen gegenüber der Presse, die die Linke als parteischädigend gewertet habe, seien absolut notwendig gewesen. "Wenn alle parteiinternen Versuche der Einigung und der Kommunikation scheitern, dann muss das öffentlich gemacht werden - im Fall von Wikileaks befürworten die Linken solche Offenlegungen, nur bei sich selbst wollen sie solche demokratischen Verfahren nicht angewendet wissen", erklärte Verbeek im TV-Gespräch.

Verbeek will "virtuelle Fraktion" mit Peter Spang



Dem Kreisverband wirft er als "Element der Ausgrenzung" unter anderem "Beschädigung meiner Integrität durch sanktionierbare Beschimpfungen" und sogar "Diebstähle in meinem Haus" vor.

Die jüngste Mobbingaktion: Im November habe der Kreisverband beschlossen, dass sich im Stadtrat nur noch Katrin Werner für die Linke äußern dürfe. "Die Gründe, die der KV dafür angeführt hat, waren ohne Gehalt", betont Verbeek.

Werner, die mit Verbeek zuletzt die zweiköpfige Linke-Gruppierung im Stadtrat gebildet hat, war auch am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Marc-Bernhard Gleißner, Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten, erklärte auf TV-Anfrage, dass der KV sich nicht vor einer offiziellen Verlautbarung der Bundesschiedsstelle zu der Sache äußern werde.

Sein Stadtratsmandat will Johannes Verbeek auf keinen Fall aufgeben: "Man kann auch linke Politik machen, ohne der Partei anzugehören." Wie er sich auch als Einzelmandatsträger die nötigen Informationen aus Verwaltung und politischen Gremien sichern will, steht schon fest: Zusammen mit Peter Spang, der vor wenigen Wochen aus der SPD-Fraktion ausgestiegen ist, will er eine "virtuelle Fraktion" bilden. "Peter Spang und ich arbeiten schon seit längerem zusammen, tauschen Infos aus und sprechen uns ab", sagt Verbeek. Eine feste Verbindung sei man allerdings - zumindest bisher - noch nicht eingegangen. "Ich arbeite derzeit mit sehr vielen Personen aus unterschiedlichen Ratsfraktionen zusammen", erklärt Spang. Zunächst wolle er sehen, ob und wie die Arbeit als Einzelmandatsträger im Rat funktioniere. Ansonsten sei eine feste Zusammenarbeit mit Verbeek durchaus möglich. "Auf kommunaler Ebene zählen gesunder Menschenverstand und konstruktives Miteinander - keine parteipolitischen Ideologien", bricht Spang für die mögliche rot-rote Allianz eine Lanze. Verbeek kann sich zudem die Gründung einer neuen freien Wählergemeinschaft in Form eines Vereins vorstellen.

Bei der Stadtverwaltung wartet man derweil auf eine offizielle Bestätigung des Parteiausschlusses. Denn sofern Verbeek gegen den Rausschmiss keine weiteren Rechtsmittel einlegt, müssen Dezernatsausschüsse und andere Gremien neu besetzt werden, weil nur Fraktionen und Gruppierungen ab zwei Personen Anspruch auf Sitze in diesen haben.

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