Kirche: Lebenspartnerschaft als Kündigungsgrund

Die Caritas Trier verzichtet auf die Dienste einer Frau, weil sie wiederverheiratet ist. Diese umstrittene Entscheidung war aus Sicht des Bistums richtig. Auch eine eingetragene Lebenspartnerschaft (Homo-Ehe) wäre bei einem kirchlichen Arbeitgeber ein möglicher Grund für eine Kündigung.

Trier/Lampaden/Wittlich. Der Fall hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst: Am 24. September berichtete der TV über die 61-jährige Gisela Reinert aus Lampaden. Eineinhalb Jahre hatte sie sich ehrenamtlich gegen eine Aufwandspauschale um eine demenzkranke 80-jährige Triererin gekümmert. Weil sie aber auf dem Caritas-Personalbogen "wiederverheiratet" ankreuzte, war damit von heute auf morgen Schluss.

Zahlreiche Leser machten ihrem Unverständnis und ihrem Ärger über die Reaktion der Caritas Luft. Rückendeckung bekommt der Verband allerdings vom Bistum. Vom Bewerber werde erwartet, dass er sich an den Grundsätzen der katholischen Glaubens- und Lebensordnung ausrichte. "Der ewigen Liebe und Treue Gottes zu den beiden Menschen, die einander heiraten, entspricht die (…) unauflösliche Verbindung von Mann und Frau in der Ehe", heißt es in einer Stellungnahme. Im Klartext: Wer in zweiter Ehe lebt, wird abgelehnt beziehungsweise entlassen.

Auch die eingetragene Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare (Homo-Ehe) verstößt gegen die sogenannten Loyalitätsobliegenheiten im katholischen Dienst. Allerdings ist dem Bistum bisher kein Fall einer damit begründeten Kündigung bekannt.

Ehepaar Reinert zieht die Konsequenz



Rechtsanwältin Dr. Margit Bastgen aus Wittlich erinnert an die Klage einer Altenpflegerin in Wittlich, der die Caritas wegen der zweiten Ehe gekündigt hatte. Das Landesarbeitsgericht gab der Altenpflegerin Recht. "Im Einzelfall kann der grundgesetzliche Schutz von Ehe und Familie gegenüber dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht (…) Vorrang haben", heißt es im Urteil von 1991, das dem TV vorliegt. Die Wirksamkeit einer solchen Kündigung sei "von einer umfassenden Interessenabwägung abhängig". Damals verzichtete die Caritas auf eine zugelassene Revision beim Bundesarbeitsgericht. Bastgen: "Das war eine Sensation."

Weitere Betroffene haben sich gemeldet (siehe Extra).

Auf rechtliche Schritte wollen Gisela Reinert und ihr Ehemann Gerhard verzichten. Statt dessen ziehen sie nach der Bedenkzeit die Konsequenz: "Wir treten aus der Kirche aus."

Meinung

Lizenz zur Extratour

Dieser Titel muss in den Ohren Betroffener eigentlich wie Musik klingen: "Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften/Lebenspartnerschaften". Seit 2001 können sich homosexuelle Paare so zumindest einen Teil der Rechte sichern, die bis dato Ehepaaren vorbehalten waren. Wie die katholische Kirche damit umgeht, klingt hingegen wie Hohn. Denn wie lassen sich die Ablehnungs- und Kündigungsgründe "Lebenspartnerschaft" und "Wiederverheiratung" anders bezeichnen als Diskriminierung? Solange der (staatliche) Gesetzgeber dem keinen klaren Einhalt gebietet, gehen solche zweifelhaften Extratouren offenbar durch und damit immer weiter. m.hormes@volksfreund.deEXTRA Wiederverheiratet: 1985 übernahm das Trierer Mutterhaus der Borromäerinnen die Mitarbeiter einer privaten Kinderklinik, darunter ein wiederverheirateter Diplom-Psychologen. Eineinhalb Jahre später kündigte das Krankenhaus dem Psychologen, einem vierfachen Familienvater, mit Verweis auf seine "ungültige Ehe". Er klagte und unterlag. Konfessionslos: Krankenschwester Petra Grössges arbeitete acht Jahre für die Caritas-Sozialstation Speicher, obwohl sie sich als konfessionslos geoutet hatte. Nach einer Familienpause wurde ihre Bewerbung auf Wiedereinstellung - sie war inzwischen Buddhistin - 2008 abgelehnt. Prälat Franz Josef Gebert teilte ihr mit, ihre einstige Anstellung sei "ein nicht entschuldbares Versehen" gewesen. Grössges: "Es macht mich fassungslos, dass es für die Caritas vollkommen unwichtig war, was für ein Mensch ich bin und wie ich arbeite." (cus)

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