Komm good bei!

Wei sömmer hönne bei u viere widder!" lautet in der Trierischen Mundart der gequälte Ausruf, wenn man sich in einer ziemlich ausweglosen Situation befindet. Wörtlich kann man den Satz nicht ins Hochdeutsche übersetzen, denn "Weil sind wir hinten bei und vorne wieder!" gibt keinen vernünftigen Sinn.


Also muss eine Erklärung her.
Das trierische Wort wei (auch weil und weilen) hat in unserem Fall nichts mit dem hochdeutschen weil zu tun, sondern es kommt von dem Begriff Weile, also dem Zeitabschnitt. Wei wird statt des hochdeutschen Wortes jetzt, das es im Trierischen nicht gibt, gebraucht. Beispiele: Wei langt ett! (Jetzt reicht es!) Eisch gie wei haam. (Ich gehe jetzt nach Hause.)
Kein Problem gibt es bei den Wörtern hönnen un vieren. Es sind Ortsbestimmungen, und sie heißen hinten und vorne. Der Hinweis Dä Käärel öss nött hönne wie vieren! (Der Kerl ist nicht hinten wie vorne!) warnt vor einer hinterhältigen Person. Sömmer ist die Zusammenziehung zweier Wörter, nämlich sönn und mer (sind und wir). Beispiel: Sömmer feerdisch? (Sind wir fertig?)
Jetzt zum Wort bei. Es bedeutet so viel wie dicht dran. Beispiel: Maach die Dier bei! (Schließ die Tür bis auf einen kleinen Spalt!) Eisch sönn mött meiner Arbeit bei. (Ich bin mit meiner Arbeit dicht am Abschluss.) Und dann finden wir unser Wort auch bei der liebevollen Aufforderung, doch ein wenig näher zu rücken. Da hört man, dass sich trierische Liebhaber in internationaler Umgebung souverän auszudrücken verstehen: Komm good bei!
Schließlich das Wort widder. Es entspricht hier in etwa den hochdeutschen Wörtern wider und gegen, allerdings nur in räumlichem Zusammenhang. Hän öss mömm Rad widder de Bordstein komm. (Er ist mit dem Rad gegen den Bordstein gestoßen.)
Unser Satz oben lautet in einer freien Übersetzung also: Jetzt sind wir hinten dicht dran und vorne angestoßen. Was so viel bedeutet wie hilflos eingeklemmt sein, in der Patsche sitzen oder vergeblich nach einem Ausweg suchen.
Ja, so geht es Leuten schon mal.
Horst Schmitt ist Autor des Trierer Wörterbuchs, das im Trier-Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich ist. Gemeinsam mit Josef Marx hat er über 10 000 Stichwörter in Hochdeutsch-Trierisch und Trierisch-Hochdeutsch zusammengetragen.

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