Lastesel der Wirtschaftswunderjahre zu Gast in den Moselauen

Trier · Eine bunte Sammlung historischer LKW und Busse konnte am Wochenende im Trierer Messepark bestaunt werden. Trier war Station bei der 15. Deutschlandrundfahrt historischer Nutzfahrzeuge, bei der über 60 Oldtimer von Stuttgart bis nach Hamburg fahren.

 Günter Kemper und sein Krupp Mustang L 80. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Günter Kemper und sein Krupp Mustang L 80. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Foto: Friedhelm Knopp (f.k.) ("TV-Upload Knopp"

Trier. Eine Oldtimer-Rundfahrt macht Halt in den Trierer Mosel auen - doch die Freunde der feinen PKW-Klassiker - von Bugatti bis Horch - kommen diesmal nicht auf ihre Kosten. Stattdessen brummen schwere Diesel über den Platz vor der Messehalle, Druckluftbremsen zischen, Zwillingsreifen wirbeln Staub auf. Gekommen sind sie von Speyer, dem ersten Etappenziel.
Büssing, Faun, Henschel


Viele der LKW-Marken unter den 61 Teilnehmerfahrzeugen sind heute nur noch den Älteren bekannt, obwohl sie in den 50er und 60er Jahren das Synonym für Nutzfahrzeuge schlechthin waren: Büssing, Faun, Henschel, Saurer, Krupp, Magirus-Deutz. Nur wenige Hersteller haben in den vergangenen 60 Jahren überlebt und beherrschen heute den Nutzfahrzeugmarkt - etwa Mercedes, MAN, Scania oder Volvo. Aber auch die mischten schon anno dazumal kräftig auf den noch leeren Straßen mit, so dass auch sie heute mit ihren Oldtimern vertreten sind. Ausnahmeerscheinungen sind einige US-Laster wie die gewaltigen Trucks von Mack, vielen bekannt aus amerikanischen Highway-Filmen. Dazu kommen einige Schmankerl wie das Schweizer Postauto (knallgelber Alpenbus) von 1957 oder das DDR-Produkt Barkas V 901, ein mausgrauer Kleinlaster aus den 50er Jahren, dazu ein DDR-Tanksattelschlepper Ernst Grube S 4000, der bis zur Wende im Rostocker Raum Minol-Benzin ausfuhr.
Was bei allen Fahrzeugen auffällt - sie scheinen jünger zu wirken als zu ihren aktiven Zeiten. Das liegt daran, dass alle Vehikel voll restauriert sind und sich in einem Top-Zustand befinden. Dem Alter ihrer Wagen angepasst sind die technisch versierten Fahrer und Halter. Dazu Projektleiter Alexander Fischer vom Stuttgarter Mitveranstalter: "Das Alter der Teilnehmer liegt vorwiegend zwischen 60 und 70 Jahren, einige sind über 70." Ein Teilnehmer zum TV: "Viele von uns können inzwischen besser LKW fahren als laufen." Dazu passt auch das Publikum: Meist dieselbe Altersklasse, Jugendliche gleich null, dazu einige technikbegeisterte 30er, die mit ihrem kleinen Nachwuchs die Oldys bewundern. Auffallend viele Besucher haben selbst mit Nutzfahrzeugen zu tun oder einmal zu tun gehabt - die Sachkunde ist hoch. f.k.
Die achttägige Deutschlandfahrt 2016 führt von Stuttgart über Speyer, Trier, Frechen, Münster, Werlte/Emsland und Visselhövende bis Hamburg. Veranstalter: ETM-Nutzfahrzeugverlag Stuttgart und die Spedition Fehrenkötter in Warendorf/Münsterland.
Extra

Ein bizarre Geschichte steckt hinter dem hervorragend erhaltenen Krupp Mustang L 80 von 1957. Fahrer und Halter des damals häufig im Fernverkehr laufenden Typs mit Dreiachsanhänger ist der Berliner Günter Kemper (76). Ende der 50er Jahre fuhr er für eine Westberliner Spedition - die auf die robusten Krupp-LKW setzte - im Interzonenverkehr. Das heute präsentierte Exemplar war 1957 fabrikneu, als es auf seiner zweiten Fahrt von DDR-Grenzern beschlagnahmt wurde. Grund: Bei der Kontrolle waren in der Stückgutladung Kisten mit Tränengasbehältern für die Westberliner Polizei entdeckt worden. Für den Krupp begann ein über 40 Jahre dauernder Zwangseinsatz beim VEB Kraftverkehr. Kemper: "Das war verrückt - all die Jahre ist uns unser Lastzug immer wieder auf der Interzonenautobahn begegnet." Nach der Wende fand ihn Kemper dann per Zufall im Westen, wo er ihn kaufte. "Der hat mich seither in 23 Jahren nie im Stich gelassen," sagt Kemper. f.k.

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