Kommunalpolitik Machtprobe bei der Trierer AfD

Trier · Beim Parteitag am heutigen Montag droht Streit: Ein Vorstandsmitglied will per Satzungsänderung Einfluss und Ämterzahl des Vorsitzenden Michael Frisch beschneiden.

 Triers AfD-Vorsitzender, Fraktionschef und Landtagsabgeordneter Michael Frisch bei der Stimmzettelauszählung zur Bundestagswahl am 24. September im Trierer Rathaus. TV-Foto: Christiane Wolff

Triers AfD-Vorsitzender, Fraktionschef und Landtagsabgeordneter Michael Frisch bei der Stimmzettelauszählung zur Bundestagswahl am 24. September im Trierer Rathaus. TV-Foto: Christiane Wolff

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Trier 65 Mitglieder hat der AfD-Kreisverband Trier zurzeit. Die sechs Vorstandsämter und die zwei Sitze im Trierer Stadtrat bringen mehr als zehn Prozent der Parteimitglieder in Amt und Würden. Dazu kommen ein Sitz im Mainzer Landtag und verschiedene Posten im Landesvorstand, die mit Trie rern besetzt sind.
Einige Trierer AfDler sind mehrfach im Einsatz. Insbesondere Michael Frisch. Der 60-Jährige ist nicht nur Parteivorsitzender in Trier, sondern führt auch die AfD-Fraktion im Stadtrat an. Außerdem ist er Landtagsabgeordneter und als Schriftführer Mitglied im Vorstand der Landes-AfD. Dazu kommen Posten in Ausschüssen von Stadtrat und Landtag sowie Parteifunktionen auf Landesebene.
Peter Johannes Becker, Beisitzer im Trierer AfD-Parteivorstand, kritisiert das scharf: "Michael Frisch vereint viel zu viele Ämter, Mandate und Funktionen auf sich, das darf so nicht sein!" Dass Frisch häufig von Termin zu Termin hetze und ihm für die Parteiarbeit in Trier oft die Zeit fehle, sei nicht das größte Problem. "Vielmehr geht es um die Machtkonzentration, die durch diese ausufernde Ämterhäufung entsteht, das ist weder demokratisch noch gut für die Partei."
Auch bei der Trierer SPD liegen Parteivorsitz und Fraktionsvorsitz bei Sven Teuber in einer Hand - der ebenfalls gleichzeitig im Landtag sitzt. "Und genau das werfen wir den Altparteien ja immer vor - dass sie Partei- und Fraktionsarbeit nicht voneinander trennen und dadurch undemokratische und intransparente Politik machen", sagt Becker. "Als sich die AfD aus einer Bürgerbewegung heraus gegründet hat, wollten wir das anders handhaben."
In der Bundessatzung der AfD ist die Trennung von Amt und Mandat tatsächlich festgeschrieben - die Formulierung lässt allerdings Interpretationsspielraum. "Das Bundesschiedsgericht hat daher festgelegt, dass die entsprechenden Paragrafen unserer Bundessatzung juristisch leider nicht durchsetzbar sind", sagt Becker.
Deshalb will Becker, der eine kaufmännische Beratungsagentur in Luxemburg betreibt, beim Parteitag der Trierer AfD am heutigen Montagabend vorschlagen, die Satzung des Kreisverbands zu ändern. Wichtigste Neuerung: Wer als Abgeordneter im Bundes- oder Landtag sitzt, soll künftig nicht mehr gleichzeitig dem Kreisvorstand angehören dürfen.
Stimmt die Parteibasis mehrheitlich für die Satzungsänderung, dürfte Landtagsabgeordneter Michael Frisch kein Parteivorsitzender mehr sein. "Wirksam würde das allerdings erst mit der nächsten turnusgemäßen Vorstandswahl im September 2018", sagt Becker, "bis dahin hätten wir also genügend Zeit, einen neuen Vorstandsvorsitzenden aufzubauen." Michael Frisch hat grundsätzlich Verständnis für die Forderung, Ämter und Mandate nicht in Personalunion zu besetzen. "Die AfD ist allerdings eine zu junge Partei, um das konsequent umzusetzen, wir würden uns unnötig personell einengen", sagt der Feyener. "Mein Stadtratsmandat könnte ich zwar grundsätzlich aufgeben - aber um die Qualität unserer Stadtratsarbeit aufrechtzuerhalten, ist es unbedingt notwendig, dass ich bleibe."
Zeitlich bekäme er seine vielen Aufgaben durchaus unter einen Hut. Und dass er "von oben nach unten durchregiere" stimme so auch nicht: "Wir laden häufig zu Bürgertreffs ein, die politischen Wünsche und Anregungen von dort fließen ein in die Parteiarbeit. Und in unserem sechsköpfigen Vorstand habe ich ja ohnehin - wie alle anderen - nur eine Stimme und könnte mich schon deswegen gar nicht rigoros durchsetzen."
Beisitzer Becker hält dagegen. Es ginge schließlich nicht nur um Michael Frisch, sondern darum, dass gleich mehrere Vorstandsmitglieder finanziell von ihm oder der Partei abhängig seien. "Dadurch sind sie nicht frei und unabhängig in ihrer Vorstandsarbeit", behauptet Becker. Sascha Weckmann, Beisitzer im Vorstand, übe seinen normalen Beruf als Justizvollzugsangestellter zurzeit nicht aus. Stattdessen hat er einen 450-Euro-Job als Geschäftsführer der Trierer AfD-Fraktion - deren Vorsitzender Michael Frisch ist. Simon Schröder, ebenfalls Vorstandsmitglied, arbeitet mit einem 30-Stunden-Vertrag als persönlicher Referent von Frisch in dessen Trierer Wahlkreisbüro. Und Mario Hau - der im September nach innerparteilichen Querelen als stellvertretender Parteivorsitzender zurückgetreten war, am heutigen Montag nach TV-Infos für dieses Amt aber wieder kandieren will - erledigt gegen Geld Öffentlichkeitsarbeit für die Bundes-AfD und die Landes-AfD. "Es kann nicht sein, dass drei Mitglieder unseres Trierer Vorstands finanziell abhängig von der Parteiarbeit sind und der Vorsitzende sein Geld als Landtagsabgeordneter verdient", betont Becker. "Vorstandsmitglieder müssen unabhängig arbeiten - das geht nicht, wenn sie ihren Lebensunterhalt gleichzeitig über Parteijobs finanzieren."
Frisch sieht das anders: "Niemand in unserem Vorstand wird vom Kreis- oder Landesverband bezahlt. Und dass jemand Geld für seine wichtige Parteiarbeit erhält, heißt noch lange nicht, dass er bei seiner Vorstandsarbeit beeinflussbar ist."
Stimmt die Trierer AfD der von Becker eingebrachten Satzungsänderung am heutigen Montag zu, wäre das auch gar nicht mehr möglich. "Erlangen Vorstandsmitglieder (…) eine bezahlte Beschäftigung bei der Partei oder der Fraktion oder werden von einem Mandatsträger entgeltlich beschäftigt, so ist das Vorstandsamt unverzüglich aufzugeben", heißt es unter Paragraf 7.
Dass die Satzungsänderung beschlossen wird, glaubt Frisch allerdings nicht: "Ich gehe fest davon aus, dass sich dafür keine Mehrheit finden wird." Er stelle sich allerdings auf eine "kontroverse und sachlich harte" Auseinandersetzung ein.
Wie emotional aufgeladen die Situation ist und wie sehr Frisch bei den Anhängern der Trennung von Ämtern und Mandat aneckt, zeigt ein E-Mail-Verkehr aus den vergangenen Tagen zwischen mehreren Parteivorderen der Trierer AfD. "Wetten, dass Herr Frisch ob seines undemokratischen Verhaltens noch nicht mal ein schlechtes Gewissen hat?", heißt es darin. Die Antwort eines Parteifreunds: "Der ist auf Droge (ganz schlechtes Zeug) oder auf Entzug oder beides gleichzeitig."Extra: PARTEITAG DER AFD


Der AfD-Parteitag am heutigen Montag, 27. November, beginnt um 19 Uhr in der Gaststätte Postillion, Herzogenbuscher Straße 1. Neben der Diskussion über die Satzungsänderung steht die Nachwahl des seit September vakanten Vize-Parteivorsitzenden an. Nach TV-Informationen will der 36-jährige Mario Hau, der das Amt bereits bis September innehatte, erneut kandidieren.

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