Mainz bleibt Mainz und Marz in Trier

Trier · In seiner Partei hat Reiner Marz nicht nur Freunde, doch damit kann er leben. Schließlich scheint sein Einfluss auf den Kurs der Trie rer Grünen ungebrochen zu sein. Dass diese mit der CDU anbandelten, daran hatte Marz erheblichen Anteil. Persönliche Ambitionen verfolge er keine mehr, erklärt er im Gespräch mit dem TV, eine Kandidatur für den Landtag schließt er aus.

 Reiner Marz kandidierte 1998 für das Amt des Oberbürgermeisters und bewarb sich 2009 auf den Posten des Bürgermeisters. Inzwischen hat er das Kapitel Politik als Beruf abgeschrieben. TV-Foto: Marcus Stölb

Reiner Marz kandidierte 1998 für das Amt des Oberbürgermeisters und bewarb sich 2009 auf den Posten des Bürgermeisters. Inzwischen hat er das Kapitel Politik als Beruf abgeschrieben. TV-Foto: Marcus Stölb

Trier. "Die Grünen waren mir anfangs suspekt", sagt Reiner Marz, die Schwarzen standen erst gar nicht zur Debatte. Die Roten? Deren Fixierung auf einen "umfassend sorgenden Staat" lehne er ab, sagt Marz und ergänzt: "Es braucht schon ein gewisses Maß an Selbstverantwortung." So recht erklären, warum er sich für die Grünen entschied, zu deren einflussreichsten Strippenziehern vor Ort er heute zählt, vermag Marz nicht mehr. Er sei nie Pazifist gewesen, aber immerhin: Marz war gegen Nachrüstung und Nato-Doppelbeschluss, und er engagierte sich in der damaligen Dritte-Welt-Bewegung.
Campus-Bekanntschaften


Ein Treffen im Astarix, der Kneipe, die ihren Namen dem Allgemeinen Studierenden Ausschuss (Asta) der Uni Trier verdankt. Im Asta begann Marz\' politisches Engagement. Auf dem Uni-Campus begegnete er auch Ulrich Dempfle. Der Jurist und CDU-Fraktionschef und der inzwischen als Lehrer an einer Berufsbildenden Schule tätige Marz könnten unterschiedlicher kaum sein. Einzig, dass beide regelmäßig mit dem Fahrrad unterwegs sind, verbindet sie. Und nun die neue schwarz-grüne Verantwortungsgemeinschaft im Stadtrat.
Eine Liaison mit der CDU? Auch für Marz war Derartiges lange undenkbar. "Die machten damals eine reaktionäre Politik, vor allem bei Stadtplanung und Mobilität."
Mit einem Helmut Schröer gemeinsame Sache machen, das könnte er sich auch heute schlecht vorstellen. Doch Marz sagt auch, dass man bei der CDU immer gewusst habe, wo man dran gewesen sei. Er kommt auf die Umgestaltung des Viehmarktplatzes zu sprechen. Wäre es nach der Union gegangen, hätte es eine Tiefgarage mit 900 Stellplätzen gegeben. Die Grünen wollten eine Nulllösung, sprich keine Großgarage. "Dann kam die SPD mit einem ihrer typischen Kompromisse, jetzt haben wir 300 Plätze."
Die Position der CDU habe "noch eine gewisse innere Logik gehabt". Die der Grünen natürlich auch, meint Marz. Die der SPD nicht, findet er und kann doch nicht wirklich überzeugend erklären, wie eine andere Lösung zwischen beiden Maximalpositionen hätte aussehen können.
Mit den Genossen hat der 56-Jährige so seine Probleme, auch wenn er 2009 daran beteiligt war, ein Ampelbündnis der Grünen mit SPD und FDP zu schmieden.
Fragt man ihn nach der "inneren Logik" von Schwarz-Grün, lobt er die "Verlässlichkeit" des neuen Partners. Allen voran CDU-Kreischef Bernhard Kaster schätze er, weil dieser "absolut verlässlich ist und man auf seine Zusagen vertrauen kann". Die Grünen nimmt Marz als Partei wahr, die "von allen am ehesten noch an Inhalten interessiert ist". Die CDU hingegen "war immer schon pragmatisch."
Marz warb bereits vor der Kommunalwahl 2009 für Mehrheitsbündnisse im Stadtrat. "Es geht darum, eine Linie in die Politik zu bekommen und nicht parallel Sachen zu machen, die sich widersprechen." Damals war er für das Ampelbündnis, das bekanntlich rasch Geschichte war.
Woran er den Erfolg von Schwarz-Grün messen wird? Marz listet fünf Großthemen auf, bei denen in vier Jahren deutliche Fortschritte erkennbar sein müssten: Stadtumbau West, Reaktivierung der Westtrasse, Theater, Schulentwicklungsplan und Stärkung des Umweltverbunds. Wie weit die Stadt 2019 auf ihren Großbaustellen gekommen sein wird, dürfte wesentlich davon abhängen, wie Schwarz-Grün mit Wolfram Leibe (SPD) zusammenarbeitet. "Herr Marz, sind Sie an einem Erfolg des neuen OB interessiert?" Kurzes Zögern, dann klare Antwort: "Sicher! Herr Leibe macht einen sehr vernünftigen Eindruck. Ich denke, er geht die Sache sehr sachlich an."
Und wo sieht er, der 2009 gerne Bürgermeister geworden wäre, seine Zukunft? In der Fraktion ist er seit Jahren Stellvertreter der jeweiligen Chefin, das reiche ihm. Aber reicht ihm das wirklich? Das Kapitel Politik als Beruf habe er abgeschlossen, und "ich werde auf keinen Fall noch einmal für den Landtag kandidieren!"
Extra

Als Reiner Marz 1998 für das Amt des Trierer Oberbürgermeisters kandidierte, holte er deutlich mehr Stimmen als sein Parteifreund Fred Konrad im vergangenen Jahr - rund 7000 gegenüber 4903 für Konrad. Weil aber die Wahlbeteiligung damals deutlich höher war, kam Marz nur auf knapp zwölf Prozent, Konrad auf fast 18. 1989 erstmals in den Stadtrat gewählt, zog Marz 2001 in den Landtag ein. Als die Grünen 2006 überraschend aus dem Parlament flogen, musste auch er sich neu orientieren und wurde Lehrer an einer Berufsbildenden Schule. Von 1996 bis 2000 stand Marz an der Spitze der Landespartei, 2009 bewarb er sich um die Nachfolge von Bürgermeister Georg Bernarding, zog gegenüber Angelika Birk aber den Kürzeren. Auch parteiintern gab es Vorbehalte. "Ich weiß, dass ich mir mit meiner Art Politik zu machen nicht nur Freunde mache", sagt Marz. mst

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