Serie Heimat-Genuss Dieser Gastronom von der Mosel ist zum Generalunternehmer geworden

Zeltingen-Rachtig · Leidenschaft aus der Region: Markus Reis lebt diesen Slogan im „Zeltinger Hof“ in Zeltingen-Rachtig. Bei den Produkten für die Küche, beim Wein und bei vielen anderen Sachen und Gelegenheiten.

 Links: Markus Reis schneidet mit einer der Aufschnittmaschinen Schinken. Rechts: Eine auf einer halben Weinflasche angerichtete Flaschenkost wird zum Hingucker.

Links: Markus Reis schneidet mit einer der Aufschnittmaschinen Schinken. Rechts: Eine auf einer halben Weinflasche angerichtete Flaschenkost wird zum Hingucker.

Foto: Beckmann Clemens

Der eine ist Koch, der andere Hotelkaufmann, wieder ein anderer ist Sommelier (Weinober), Caterer oder Eventmanager. Markus Reis übt alle diese Tätigkeiten aus. Er ist so etwas wie ein Generalunternehmer im Gastgewerbe. Doch der Besitzer vom „Zeltinger Hof“ in Zeltingen-Rachtig will nicht nur dabei sein. Reis setzt viel daran, in allen Bereichen weit oben zu stehen – ohne aber abzuheben.

Das wird schon beim Wein deutlich. Die Karte umfasst mittlerweile 160 offene Rebensäfte und 2000 verschiedene Flaschenweine – die meisten von Mosel, Saar und Ruwer. Mehr geht wohl nicht – allein schon aus logistischen Gründen. Denn irgendwo muss Reis die Bestände auch lagern. Um an einen geeigneten Keller zu kommen, musste er ein ganz Haus kaufen. Da hat er dann mit Gästeappartements und Zimmern für Mitarbeiter ausgestattet.

Die Zusatzbezeichnung „Gasthaus des Rieslings“ unterstreicht die Bedeutung des Rebensafts. Die Auszeichnung „Gastgeber des Jahres“ der Rheinland-Pfalz-Touristik steht ebenfalls für Bodenständigkeit. Dazu passt auch: Das Deutsche Weininstitut kürte das Haus 2015 zum besten Weinlokal in der Sparte „Traditionelle Gastronomie“.

 Flaschenkost

Flaschenkost

Foto: Zeltinger Hof/Zeltinger Hof

Bei dem, was die Küche verlässt, legt Reis ebenfalls viel Wert auf Regionalität: „Etwa 50 Prozent“, antwortet er auf die Frage, wie viele der Lebensmittel aus lokalem Anbau und regionaler Produktion stammen.

Das fängt beim Frühstück mit wirklich hausgemachter Marmelade an. Viele der Früchte, die in den Gläsern landen, kommen aus Gärten die Markus Reis gehören. Und das endet beim Dessert, zum Beispiel dem Weißkäse auf Vanillesoße, für den er das Rezept aber partout nicht herausrückt, oder beim Riesling-Trüffel.

„Ich habe in diesem Jahr von eigenen Bäumen allein eine halbe Tonne Pfirsiche und 350 Kilogramm Zwetschgen geerntet“, bilanziert er. Daraus stellt die Pâtissière (Konditorin) Marmelade, Gelee, Eis und Kompott her. Die Süßmäuler können sich freuen.

Bei Fleisch, Wild, Geflügel und Süßwasserfisch hat Reis Lieferanten aus der näheren Umgebung.  Egal was davon in Pfannen und Töpfe kommt: Reis versucht möglichst alles zu verwerten – zum Beispiel auch die Innereien, die für manche Feinschmecker sowieso das Nonplusultra sind.

             Markus Reis vor seiner 160 Flaschen umfassenden Weinwand.

Markus Reis vor seiner 160 Flaschen umfassenden Weinwand.

Foto: Beckmann Clemens

Was den Fisch angeht: Es gibt nicht mehr viele Fischer, die ihre Netze in der Mosel auswerfen. Markus Reis hat einen aus Mehring an der Angel. Wenn der einen guten Fang aus Hecht, Zander und/oder Barsch macht, meldet er sich in Zeltingen-Rachtig. Bei Reis passiert nach der Lieferung Folgendes. „Die Fische werden sofort filetiert und schockgefrostet“, berichtet er. Damit kann er eine Zeitlang die Speisekarte bestücken.  „Die Qualität dieser Raubfische ist sehr gut“, sagt Reis. Auch beim Käse und beim Gemüse wird Reis in der Region fündig. Als Liebhaber französischen Käses schaut er aber auch über die Grenzen hinaus.

Leidenschaft aus der Region: Mit diesem Slogan wirbt Reis schon auf dem Parkplatz seines Betriebs. Daran lässt er sich auch gerne messen. Regionale Produkte: Bei Markus Reis sind das aber nicht nur Lebensmittel und Wein. Er serviert zum Beispiel einen Mosel-Faßdaubenschmaus, die Zeltinger Schieferterrasse und die Flaschenkost. Als „Teller“ für die   – meist fünf kleinen Gerichte – dienen dabei alte Längshölzer von Weinfässern, Schieferplatten und halbierte Weinflaschen. Den Daubenschmaus gibt es in herzhaften und süßen Variationen. Gerade bei diesen Angeboten isst auch das Auge mit.

Eine Spezialität ist die Rachtiger Hackfleischsuppe im „Marmitche“ serviert. Das Marmitche ist eine Art Henkelmann, den die Wingerts- und Kellereiarbeiter früher zur Arbeit mitnahmen. Das mit dem Mittagessen gefüllte Gefäß wurde dann einfach ins warme Wasserbad gestellt.

Markus Reis spricht viel von seinem 2001 verstorbenen Vater Helmer. Der habe zum Beispiel schon recht früh für große Spargellieferungen gesorgt, mit denen auch andere Gastronomen versorgt wurden. Das edle Gemüse kommt  aktuell aus der Ingelheimer Gegend, passt aber in das Regionalangebot.

Reis hat ja eigentlich genug zu tun. Trotzdem setzt er sich in der Spargelsaison vor die Eingangstür des Restaurants und schält im Angesicht der Öffentlichkeit mit Ausdauer die Stangen. Wenn er fertig ist, lässt er die Schalen noch publikumswirksam liegen. „Das ist die beste Reklame für frischen Spargel“, sagt der 50-Jährige. Ein Werbefachmann ist er also auch noch.

Der Gastronom, der 35 festangestellte Mitarbeiter beschäftigt, würzt seine Speisekarte auch mit Sprüchen. Zum Beispiel mit diesem: „Wild aus Australien, Frankreich oder Polen? Jeder soll seine Spezialitäten essen. Wir essen unsere.“ Und etwas im moselfränkischen Dialekt: „Mit na gouder Soop haste wider eppes Warmes im Leif!“

Etwas ist es noch wert erwähnt zu werden. Im Frühstücksraum schneidet das Personal auf mehreren Aufschnittmaschinen Schinken und Salami. Reis hat die alten Geräte der Firma Berkel für teilweise viel Geld gekauft und restaurieren lassen. Für die Hotelgäste dürfte dies auch etwas sein, um die Region, in der sie ihren Urlaub verbrachten, in besonderer Erinnerung zu behalten.

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