Millionenschweres Sanierungsprojekt: Glocke wird wieder Hotel

Trier · Die Glocke, Triers dienstältestes Gasthaus, wird 2012 umfassend renoviert und ausgebaut. Das Runderneuerungs-Projekt sieht auch die Wiederaufnahme des seit Jahren brachliegenden Hotelbetriebs vor. Die Kosten dürften bei voraussichtlich einer Million Euro liegen.

 Wird 2012 umfassend renoviert: Das Haus Zur Glocke (Glockenstraße) mit Triers dienstältester Gaststätte im Erdgeschoss. TV-Foto: Roland Morgen

Wird 2012 umfassend renoviert: Das Haus Zur Glocke (Glockenstraße) mit Triers dienstältester Gaststätte im Erdgeschoss. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. Wer sich ganz spontan zum Besuch der Glocke entscheidet, muss möglicherweise erst mal mit einem Stehplatz am Tresen vorlieb nehmen, bis ein Tisch frei wird. "Eine telefonische Reservierung ist sinnvoll - vor allem am Wochenende", rät Betriebsleiterin Katrin Klein (27). Die Glocke, die zu Jahresbeginn noch ein Auslaufmodell zu sein schien, läuft so gut wie selten zuvor. Anne (60) und Peter Brommenschenkel (56), seit 1. April Besitzer des Traditions-Gasthauses, bestätigen den Aufwärtstrend: "Die Glocke erzielt derzeit deutlich höhere Umsätze als in den vergangenen Jahren." Die Abschaffung des Ruhetages zu Wochenbeginn und die Anpassung der Sonntags-Öffnungszeit an die der Werktage zeigen Wirkung.
Geht es nach dem Unternehmer-Ehepaar, dann stehen die wirklich guten Zeiten für ihr "Leib- und Magen-Objekt" noch bevor. Für kommendes Jahr kündigen die Brommenschenkels die fällige Modernisierung an - ein aufwendiges und ambitioniertes Unterfangen, zu dem sich die Familie Berens als Vorbesitzer nicht in der Lage gesehen hat. "Wir wollten die Glocke nicht nur retten, wir möchten sie auch fit für die Zukunft machen. Deshalb werden wir kräftig investieren", kündigen die neuen Besitzer an. Zahlen nennen sie nicht, aber alles in allem könnten die Ausgaben "durchaus im siebenstelligen Euro-Bereich liegen".
Derzeit laufen die Vorplanungen. Mit dem Architekten Rudolf P. Weidert haben die Brommenschenkels ihren "absoluten Wunschkandidaten" angeheuert. Der 74-Jährige ist spezialisiert auf historische Gemäuer und hat unter anderem die Restaurierung des 1913 erbauten Fielmann-Hauses (Fleischstraße 28) geplant.
Die Glocke dürfte ein noch kniffliger Fall werden. Hinter der straßenbildprägenden Fachwerk-Fassade aus dem 18. Jahrhundert befindet sich auf einer Grundfläche von 360 Quadratmetern ein verschachtelter Komplex mit Hinterhaus und darunter ein 800 Jahre alter Gewölbekeller. Den wollen Anne und Peter Brommenschenkel ebenso gastronomisch nutzen wie zumindest einen der drei Innenhöfe, der ein Glasdach erhalten soll. Zudem soll die Verlagerung des Küchen-Traktes ins erste Obergeschoss zusätzlichen Platz im Erdgeschoss bringen. Am rustikalen Charme der klassischen Gasträume werde nicht gerüttelt.
Gastro-Team wächst weiter


Auch denken die Besitzer daran, an die Zeiten anzuknüpfen, in denen die Glocke neben dem Gasthaus einen Hotel-Betrieb beherbergt hat. Ob zehn oder vielleicht 15 Zimmer entstehen, hängt nicht zuletzt von den Ergebnissen der Baubestands-Untersuchungen und Digital-Aufmessung ab, die für die kommenden Wochen auf dem Programm stehen. Und schlussendlich wollen die Brommenschenkels für sich selbst eine Wohnung im Glocken-Haus einrichten.
Entgegen der ursprünglichen Absicht werde das Bauvorhaben nicht in einem Zug realisiert, sondern soll ab Anfang 2012 in mehreren Etappen über die Bühne gehen. Das beinhalte unter anderem den Vorteil, dass der Gaststättenbetrieb allenfalls geringfügig beeinträchtigt wird. "Vielleicht kommen wir sogar ganz ohne Schließung hin", hofft Peter Brommenschenkel. Durchlaufender Betrieb dürfte die Gäste freuen, aber auch das Glocken-Team. Das ist von 13 Mitarbeitern zu Jahresbeginn auf derzeit 21 gewachsen. "Wir schaffen in der Glocke noch weitere Arbeitsplätze", kündigen die Brommenschenkels an.

Extra

Das Haus Zur Glocke beherbergt seit 1803 ununterbrochen einen Gastronomie-Betrieb - eine in Trier einzigartige Kontinuität. Die Gaststätte hieß ursprünglich Zur Wilden Gans (Umbenennung 1906). Von 1928 bis Anfang 2011 war die Glocke im Besitz der Familie Berens, die schließlich vor dem hohen Sanierungs- und Investitionsstau kapitulierte. Das Rennen unter zahlreichen Kaufinteressenten machte das Trierer Unternehmer-Ehepaar Brommenschenkel, das versprach, den Gastro-Betrieb weiterzuführen. rm.

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