Missbrauch: Dreieinhalb Jahre Haft

Trier · Die Erste Große Jugendkammer des Landgerichts Trier hat einen 51-jährigen Trierer wegen schweren sexuellen Missbrauchs zu dreieinhalb Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Der Mann hatte gestanden, zwei damals acht beziehungsweise zwölf Jahre alte Mädchen jeweils sieben Mal missbraucht zu haben.

Missbrauch: Dreieinhalb Jahre Haft
Foto: Holger Hollemann (dpa)

Trier. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Trier beginnt mit einstündiger Verspätung. Grund: eine interne Verständigung der Prozessbeteiligten. Die Kammer sagt zu, im Fall eines vollen Geständnisses die Strafe zwischen drei und vier Jahren Gefängnis zu halten.

Der Angeklagte: Der 51-jährige Trierer schildert ausführlich seinen wechselvollen Lebenslauf. Dazu gehört auch Selbstanalyse: "Ich bin labil, lasse mich zu schnell hängen. Ich brauche jemanden, der mir Druck macht." Nur als Vorsitzender Richter Albrecht Keimburg gezielt nach den Tatvorwürfen fragt, beschränkt sich der Angeklagte aufs Nicken oder ein leises Ja. Mehrfach bricht er in Tränen aus, wenn es direkt um den sexuellen Missbrauch oder seine gestorbene Mutter geht.

Die Vorgeschichte: Nach Aussage des Angeklagten wird er als Kind Zeuge, wie sein leiblicher Vater seine Mutter vergewaltigt. Später streitet er oft mit seinem Stiefvater, der ihn mit 18 aus der Wohnung wirft. 15 Jahre lang schlägt er sich in Drückerkolonnen durch, die bundesweit für Zeitschriften werben. Nach diversen Jobs wird er arbeitslos, verspielt viel Geld in Spielhallen, macht 30 000 Euro Schulden. Seine Frauenbekanntschaften dauern meist nur wenige Wochen. Er sucht die Nähe zu Familien mit Kindern.

Die Straftaten: Als der Angeklagte wegen Mietrückständen aus seiner Trierer Wohnung fliegt, kommt er bei Bekannten unter. Dort missbraucht er bei verschiedenen Gelegenheiten zwei Mädchen, zu denen er ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat. Gewöhnliche Körperkontakte mit den acht- beziehungsweise zwölfjährigen Kindern gehen dabei in Missbrauch über. Eines der Kinder offenbart sich schließlich der Klassenlehrerin. Vor Gericht räumt der nicht vorbestrafte Angeklagte die Vorwürfe ein und sagt, dass es im leidtue. Die Zeugen müssen nicht mehr aussagen.

Die Gutachterin: Psychiaterin Dr. Sylvia Leupold attestiert dem Angeklagten eine sogenannte abhängige Persönlichkeitsstörung, allerdings keine schwere Form. Er sei unsicher, konfliktscheu und mitunter depressiv, suche die Anleitung durch andere. Die Gutachterin spricht von einer mittleren Rückfallwahrscheinlichkeit, wobei eine Therapie das Risiko verringern könne.

Das Urteil: Wie von Staatsanwaltschaft und Verteidigung gefordert, verhängt das Gericht dreieinhalb Jahre Gefängnis wegen schweren sexuellen Missbrauchs in zwei Fällen sowie Missbrauchs in zwölf Fällen. Zudem ordnet die Kammer Führungsaufsicht an (siehe Extra). Richter Keimburg redet dem 51-Jährigen ins Gewissen: "Wenn so etwas noch einmal passiert, sind Sie ein Kandidat für die Sicherungsverwahrung." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.Extra

Führungsaufsicht nach Paragraf 68a des Strafgesetzbuchs bedeutet, dass der Verurteilte nicht nur einen Bewährungshelfer bekommt, sondern zusätzlich einer Aufsichtsstelle untersteht. Diese Stelle überwacht nach der Entlassung aus dem Gefängnis das Verhalten des Verurteilten und die Erfüllung der Weisungen. Vorsitzender Richter Albrecht Keimburg: "Mit der Führungsaufsicht im Urteil verhindern wir, dass der Verurteilte im Fall einer vorzeitigen Haftentlassung nur unter Bewährung steht." cus

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