Neue Kraft voraus

TRIER. Demonstrative Geschlossenheit kennzeichnete den Parteitag der Trierer SPD am Samstag im Awo-Gästehaus Gillenbachtal. Die Verabschiedung des scheidenden Vorsitzenden Christoph Grimm fiel freundlich aus, die Inthronisation seiner Nachfolgerin Malu Dreyer wurde euphorisch gefeiert.

"Neue Kraft", stand symbolträchtig auf dem Transparent, das die Parteitagsregie demonstrativ vor dem Eingang platziert hatte. Der böige Wind ließ es allerdings während der Konferenz mehrfach umfallen. Drinnen herrschte drangvolle Enge: 120 Delegierte und Gäste drängten sich samt Tischen und Stühlen auf geschätzten 100 Quadratmetern. So erzwangen schon die räumlichen Bedingungen ein enges Zusammengehörigkeitsgefühl. Aber das wäre nicht nötig gewesen. Die Ankunft einer von den Genossen spürbar als Lichtgestalt empfundenen neuen Vorsitzenden genügte, um selbst hartnäckigste Grabenkrieger in sanfte Parteischäfchen zu verwandeln. "Wir können von Glück sprechen, dass sie bei uns gelandet ist", sagte Christoph Grimm, um gleich danach angesichts der überbordenden Erwartungen vorsorglich die Notbremse zu ziehen: "Sie kann nicht zaubern", schrieb er den Genossen ins Stammbuch, und: "Politik ist ein Mannschaftssport". Das hielt die Delegierten nicht davon ab, die neue Mannschaftsführerin mit einem Ergebnis auszustatten, wie es selbst uraltgediente Parteifunktionäre noch nie erlebt hatten. 102 von 102 abgegeben Voten, nicht einmal ein "Anstandsrest" von Gegenstimmen. Da jubelte der Parteitag. Zuvor hatte sich Grimm mit einer Rede verabschiedet, in der er die Kommunalwahlen der vergangenen 30 Jahre Revue passieren ließ und dabei dem Zickzack-Kurs der SPD zwischen Glanzzeiten mit 42 und Talsohlen mit 23 Prozent besondere Aufmerksamkeit widmete. Seine Erklärung für die Abstürze seit 1989: "Wir sind bei den Kommunalwahlen drei Mal hintereinander in ein bundespolitisches Loch gefallen." Allerdings räumte er auch eigene Fehler der SPD vor Ort ein. Malu Dreyer massierte die angeschlagene Seele der Genossen. Ihr Herz schlage links, sagte die 42-jährige Juristin. Die Partei dürfe "das Thema Solidarität nicht aus dem Blick verlieren". Da strahlten die Hartz-geschädigten Basis-Sozis aus den geschrumpften Ortsvereinen. Auf lokaler Ebene forderte die neue Vorsitzende eine stärkere Öffnung der Partei. "Raus aus den Gremien, rein in die Stadt", laute die Devise. Auch die Studenten müssten in der Hochschulstadt Trier stärker angesprochen werden. Die so eingeschworenen Delegierten wählten anschließend einen ganzen Trupp junger Leute in den neuen Vorstand. Auch die Stellvertreter Begona Hermann und Christian Schmitz wurden mit deutlichen Mehrheiten wieder gewählt. Schmitz, der weit im Vorfeld des Parteitags als einziger gewagt hatte, deutliche Worte zur "Ära Grimm" zu sagen, erhielt von Ministerpräsident Beck höchstpersönlich die Absolution: Schmitz sei "noch in einem Alter, wo man das darf". So blieben die Delegierten bis zum Ende beim Harmonie-Kurs. Allerdings nur nach innen: Kommunalpolitisch leitete man mit der einstimmigen Absage an den Handwerkerpark im Feyener Wald eine Kehrtwende Richtung Konfrontation ein.

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