Polizei rüstet für Karneval massiv auf

Trier · Obwohl keine besondere Gefahrenlage zu erwarten sei, will die Trierer Polizei mit doppelt so vielen Beamten wie in den Vorjahren an Weiberdonnerstag und Rosenmontag in der City präsent sein. Um das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger zu befriedigen, werden auch bislang geltende Datenschutzbestimmungen außer Kraft gesetzt.

Trier. "Traurig, dass es zu so etwas kommen muss. Die Fastnachtzeit war immer schön", kommentierte eine ehemalige Triererin gestern im Internet die Ankündigung der Trierer Polizei, für Weiberdonnerstag und Rosenmontag massive Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Worauf sich das "war immer schön" bezieht, lässt die ältere Dame allerdings offen.
Fest steht: 2012 hatten sich in der Trierer City etliche Jugendliche dermaßen mit Alkohol zulaufen lassen, dass sie das Bewusstsein verloren und in Krankenhäusern notärztlich behandelt werden mussten. Triers Sozialdezernentin Angelika Birk sprach damals davon, dass es nur durch Glück keine Todesfälle gegeben habe.
Für die Session 2013 und 2014 erließ die Stadt an Weiberdonnerstag und Rosenmontag ein striktes Alkoholverbot auf den Straßen und Plätzen der City. Den Nachtumzug in Newel (Verbandsgemeinde Trier-Land) haben die Verantwortlichen in diesem Jahr ebenfalls verkleinert - nicht wegen möglicher sexueller Übergriffe wie in der Silvesternacht auf der Kölner Domplatte, sondern aus Angst vor Alkoholexzessen.
"Das Hauptsicherheitsrisiko an Karneval ist und bleibt der Alkohol", bestätigte denn auch Triers Polizeipräsident Lothar Schömann bei einem Pressegespräch am Mittwochmittag.
Das Alkoholverbot hat der Stadtrat allerdings - gegen massive Einwände des Stadtvorstands - mittlerweile trotzdem wieder aufgehoben.
Stattdessen stockt die Polizei ihr alljährlich ohnehin schon starkes Faschingsaufgebot massiv auf. Das neue Sicherheitskonzept dient laut Polizeipräsident Schömann dazu, "dem hohen Sicherheitsbedürfnis der Bürger gerecht zu werden".
Denn die Terrorgefahr sei in Trier lediglich "latent und ab strakt". Die aktuelle Flüchtlingslage spreche in Trier nicht dafür, dass mit sexuellen Übergriffen ähnlich wie auf der Kölner Domplatte gerechnet werden müsse.
Um dem subjektiven Sicherheitsempfinden der Bürger zu entsprechen, plant die Polizei im Einzelnen Folgendes:

200 Polizisten in Uniform und in Zivil werden jeweils an Weiberdonnerstag und Rosenmontag in Trier unterwegs sein - und damit doppelt so viele wie in den Vorjahren. "Auch in den Gemeinden im Umland werden wir bei den größeren Umzügen mit etwa doppelt so vielen Beamten vor Ort sein wie in der Vergangenheit", sagte Schömann.

Das Sicherheitsmobil der Polizei wird an den Straßenkarnevalstagen außerdem am Hauptmarkt stationiert. In ihm finden Bürger Ansprechpartner und können gegebenenfalls direkt Strafanzeigen aufgeben.
Mit Body-Cams werden 20 Beamte ausgerüstet. Diese kleinen Filmkameras sind fest an der Uniform der Polizisten angebracht.

Videokameras werden fest installiert, um ganze Plätze und Straßenzüge überwachen zu können, und zwar an der Trevirispassage, am Bahnhofsvorplatz, am Hauptmarkt und an der Großraumhalle Arena. Auch bei der Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 hatte die Polizei Kameras in der City installiert. Damals hatte der Datenschutzbeauftragte des Landes allerdings alles außer Livebilder, die im Polizeipräsidium verfolgt werden durften, verboten. Diesmal darf die Polizei die Bilder auch aufzeichnen und eine Woche lang abspeichern. "Wir versprechen uns davon, potenzielle Straftaten im Nachhinein besser aufklären zu können", sagte Triers Vizepolizeichef Franz Dieter Ankner.

Mobile Kamerateams der Polizei sind zusätzlich an Weiberdonnerstag und am Rosenmontag in der City unterwegs, insbesondere auf dem Kornmarkt und im Umfeld der Berufsbildenden Schulen, wo an Weiberfastnacht eine Party gefeiert wird. "Dort ist durchaus mit Alkoholexzessen und den Folgen daraus zu rechnen", sagte Ankner beim Pressegespräch.

Der Innendienst der Polizei wird ebenfalls massiv aufgestockt: Nicht nur die Opferschutzbeauftragte ist an Weiberdonnerstag und Rosenmontag als direkte Ansprechpartnerin im Dienst. Auch das für Sexualdelikte zuständige Kommissariat 2 ist voll besetzt.

Per Facebook und Twitter will die Polizei erstmals mit den Bürgern in Dialog treten. Über beide Internetdienste konnten Bürger zwar auch bisher schon mit der Trierer Polizei Kontakt aufnehmen. Den Menschen auf diesem Weg auch zu antworten, war den Beamten bislang allerdings nicht erlaubt. "In Absprache mit dem Datenschutzbeauftragten des Landes wurde dieses Verbot über die Karnevalstage ausgesetzt", erklärt Ankner. Insbesondere über Twitter will die Polizei so schnell auf mögliche Hilferufe und Hinweise auf Straftaten reagieren können.

Eng verzahnt ist das Sicherheitskonzept der Polizei mit den Vorkehrungen der Stadt und den Einsatzplänen von Rettungsdiensten und Feuerwehren verbunden. "Alle zwölf Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes sind im Dienst", sagt Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe. Außerdem sei das Jugendamt besetzt: "Ich sehe den Karnevalstagen optimistisch entgegen und bin überzeugt, dass die Bürger sich angesichts unseres Sicherheitskonzepts wohlfühlen können", sagte Leibe. "Fest steht, dass wir weder in der Stadt noch im Landkreis irgendeine Art von Bürgerwehr benötigen."Meinung

Subjektive Sicherheit
Keine Terrorgefahr, keine Hinweise, dass der Trierer Hauptmarkt am helllichten Weiberdonnerstag und helllichten Rosenmontag zur Kölner Domplatte bei Nacht werden könnte. Allein um das subjektive Sicherheitsbedürfnis überbesorgter Bürger zu stillen, schraubt die Polizei ihre an Fasching ohnehin massiven Sicherheitsvorkehrungen hoch. Ganze Straßenzüge und Plätze werden permanent abgefilmt. Jeder, der dort lang geht, steht - zumindest theoretisch - unter Beobachtung. Bei der Heilig-Rock-Wallfahrt hatte der Datenschutzbeauftragte des Landes die Kameraüberwachungen noch scharf kritisiert. Die Bilder abzuspeichern, wurde der Polizei nicht erlaubt. Jetzt wird die wochenlange Archivierung einfach so durchgewunken. Mit ihrem irrationalen Verlangen nach immer mehr - vermeintlicher - Sicherheit weichen die überbesorgten Bürger nach und nach die Bürgerrechte aller auf. c.wolff@volksfreund.de

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