Hochschulen „Der Druck muss jetzt im Kessel bleiben“

Trier · Mehr Geld, mehr Selbstverantwortung, mehr Internationalität – Präsidenten der Trierer Hochschulen hoffen auf Veränderungen.

Präsidenten der Hochschulen Trier zum Gutachten der Expertenkommission
Foto: Benedikt Laubert

Nicht oft gibt es für die Präsidenten der beiden Trierer Hochschulen so häufig gemeinsame Termine wie in diesen Tagen. Beim Redaktionsgespräch am Donnerstagvormittag ist Michael Jäckel und Norbert Kuhn die Begeisterung über den guten Verlauf des Abends davor anzumerken. Vor dem Wissenschaftsrat, der noch bis Samstag zur Frühjahrstagung in Trier weilt, sei die gemeinsame Präsentation der Universität und der Hochschule hervorragend angekommen, berichten beide übereinstimmend.

BEKENNTNIS ZU TRIER Das Lächeln weicht allerdings einem nicht ganz so entspannten Ausdruck, als die Sprache auf einen Termin am Mittwochvormittag in Mainz kommt. Dort hatte die vom rheinland-pfälzischen Wissenschaftsminister Konrad Wolf (SPD) beauftragte unabhängige Expertenkommission ihre Empfehlungen für die Entwicklung der Hochschulen im Land vorgestellt (TV vom 26. April). „Der Druck muss jetzt im Kessel bleiben“, formuliert Unipräsident Jäckel die Hoffnung, dass bei Hochschulfinanzierung, Forschungsförderung und Konzepten zur Profilierung der einzelnen Standorte nun auch Taten folgen.

Zwar sieht er ebenso wie Norbert Kuhn das klare Bekenntnis des Ministers zu den beiden Einrichtungen in Trier positiv. Ob der deutliche Hinweis zum Beispiel auf die Defizite bei der Finanzierung sich aber auch im Doppelhaushalt der Landesregierung spiegelt, werden beide erst glauben, wenn das schwarz auf weiß zu lesen ist.

„Der wichtigste Hinweis aus dem Expertenpapier ist für mich der Hinweis auf die Differenziertheit des Hochschulstandortes, den wir als Stärke ausbauen müssen“, verdeutlicht Jäckel. „Aber ohne Geld geht das leider nicht. Grundsätzlich muss das Land die Standorte unterschiedlich bewerten. Eine technische Universität hat andere Förderungspotenziale als eine Universität wie Trier, mit geistes-sozialwissenschaftlicher Ausprägung und einigen interessanten Nischen.“

FACHKRÄFTEMANGEL Hochschulpräsident Norbert Kuhn freut sich besonders über die klare Aussage zur Bedeutung der Hochschulen für die Gesellschaft. „Es ist wichtig, dass wir in Rheinland-Pfalz und in ganz Deutschland Hochschulen brauchen, um weiter wettbewerbsfähig und erfolgreich sein können. Gerade in der Region und der Nähe zu Luxemburg ist eine starke Fachkräfteausbildung wichtig. Mit Blick auf die geforderte Internationalisierung können gerade die Hochschulen Magneten sein, um die zukünftigen Fachkräfte ins Land zu holen und auch zu binden.“ Spätestens in zehn Jahren sei der Nachwuchsbedarf an Ingenieuren auch in den Unternehmen der Region ohne Fachkräfte aus dem Ausland nicht mehr zu decken. „Dann werden wir auch Ingenieure aus China, Iran oder Südamerika brauchen.“

Kuhn und Jäckel stimmen mit der 15-köpfigen Expertenkommission überein: Das Land soll eine Internationalisierungsstategie entwickeln. Benötigt werde eine konzertierte Werbeaktion für das Land Rheinland-Pfalz und das Studieren in Rheinland-Pfalz. Ein Zielquote von 15 Prozent Studierender aus dem Ausland nennt Unipräsident Michael Jäckel als durchaus ambitionierte Zahl. „Alleine schaffen wir das aber nicht.“

WERBESTRATEGIE Aber was macht Trier als Wissenschaftsstadt attraktiv für junge Menschen aus dem Ausland und aus anderen Teilen Deutschlands? „Ein gutes Lebensgefühl und ein im Vergleich zu großen Universitätsstädten weniger angespannter Wohnungsmarkt“, sagt Norbert Kuhn. „An der Hochschule haben wir sehr attraktive Studiengänge, zum Beispiel in den Bereichen Design, Mode, Games und Versorgungstechnik. Unser Lehrmodell ist sehr stark auf die Studierenden zugeschnitten.“

Die Campus-Uni der kurzen Wege, die hohe Betreuungsrelation und den Mix aus großen und kleinen Disziplinen nennt Michael Jäckel als Beispiele, mit denen sich werben lasse. Gemeinsam mit der Trier Tourist und Marketing GmbH (ttm) diskutieren beide Hochschulen derzeit, wie das Prädikat als lebenswerte Wissenschaftsstadt beim Marketing stärker in den Fokus gerückt werden kann. „Wer am Hauptbahnhof Trier ankommt, findet derzeit keinen Hinweis darauf“, nennt Jäckel als Beispiel.

LUXEMBURG Es geht dabei natürlich auch darum, sich im Wettbewerb mit der Universität Luxemburg zu behaupten. Die sei beides, Konkurrenz und eine Chance, zum Beispiel in Sachen Internationalität. Schließlich sei mit dem Vorschlag aus Mainz für eine Internationale Universität auch etwas mehr Bewegung in die grenzübergreifende Zusammenarbeit gekommen.

 „Eine Ausstattung wie in Luxemburg würden wir uns natürlich wünschen“, sagt auch Norbert Kuhn, womit das Gespräch zum Thema Bauen wechselt. Der für die Hochschulen zuständige LBB habe keine Möglichkeit, bei Baufirmen die Einhaltung von Fristen durchzusetzen. „Mit solchen gesetzlich vorgegebenen Leitplanken können die eigentlich nicht vernünftig bauen. Sie werden zum Spielball von Unternehmern und Politik.“ Es gebe nur wenige Projekte im Zeitplan, ergänzt Jäckel. „Wenn ich 2018 überlegen muss, ob die Sanierung des Gebäudes Campus II im Jahr 2022 fertig wird, ist das doch ein Hammer.“

Gemeinsame Sache machen wollen Universität und Hochschule in Bereichen, in denen es sinnvoll ist. So sehen sich beide bestärkt in der Aufforderung der Expertenkommission, das Angebot im gesundheitlichen Bereich sichtbarer zu machen. Mit dem dualen Pflegestudium hat die Uni ein Eisen im Feuer, die Hochschule unter anderem mit der Physiotherapie. Zudem gebe es in der Lehrerausbildung für Berufsschulen die Idee für eine gemeinsame Initiative.

LAND IN DER PFLICHT Am Donnerstagabend hatten die Präsidenten den nächsten gemeinsamen Termin. Berührungsängste kennt weder Michael Jäckel noch Norbert Kuhn. Ob das auch für das Land gilt, wenn es um mehr Eigenverantwortung für die Hochschulen, um mehr Geld und bessere Rahmenbedingungen geht, wie es die Expertenkommission in ihrem 59-seitigen Papier fordert, wird sich zeigen. „Wir sind gespannt, was jetzt passiert“, sagt Unipräsident Jäckel. „Ich hoffe, dass diese Analyse nicht gemacht wurde, nur um den Status quo zu erhalten.“

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