Theater Aufbäumen gegen die letzte Reise

Trier · Wenn Eugène Ionescos Theaterstück „Der König stirbt“ am 22. März im großen Saal der Tufa Premiere feiert, erfüllt sich für Regisseur Gerd Freyberg ein Lebenstraum.

 König Behringer (Michael Roller) verdrängt den sicheren Tod, den Königin Margarete (Joya Ghosh) ihm ankündigt.

König Behringer (Michael Roller) verdrängt den sicheren Tod, den Königin Margarete (Joya Ghosh) ihm ankündigt.

Foto: Michael Thielen

Es ist still im großen Tufa-Saal. Die Akteure auf der Bühne arbeiten konzentriert daran, den inneren Zustand von König Behringer I. herauszuarbeiten. Behringer ist am Ende. Er hat nicht mehr lange zu leben, bäumt sich aber gegen den Tod mit letzter Kraft auf. Margarete, seine erste Frau, redet ihm kühl und nüchtern zu, sich in das unvermeidliche Schicksal zu fügen. Seine zweite, jüngere Gattin Maria (Angela Seebach) versucht anfangs noch, seine Lebenskraft zu stärken. Aber je länger das Klammern Behringers an sein zu Ende gehendes Leben dauert, desto klarer erkennt sie, wie hoffnungslos dieses Unterfangen ist.

Regisseur Freyberg greift ein: „Nein, Behringer ist schon zu schwach, um sich mit beiden Armen abzustützen, wenn er sich in den Sessel setzt.“ Michael Roller als Behringer fällt in sich zusammen, sinkt, kraft- und energielos, langsam in den Sessel. „Ja, schön“, kommentiert Freyberg. „Da kommt sein Gemütszustand sehr gut zur Geltung.“ Freyberg ist kein Regie-Boss, sondern Teil eines Teams. Und dieses Ensemble des „Théâtre Gérard“, das er aus Mitgliedern des Katz-Theaters rekrutiert hat, arbeitet mit großem Engagement und vielen Regievorschlägen an diesem bisweilen sperrigen und langatmigen Stück. „Ich musste viel Text kürzen“, sagt Freyberg, „es wird manchmal zu viel geredet“. Mit der Inszenierung dieses Stücks von Ionesco habe er sich einen langgehegten Traum erfüllt, sagt er. Jetzt habe er endlich einen Schauspieler gefunden, dem er die schwierige Rolle des Behringer anvertrauen könne. Es geht um das vergebliche Festhalten am Leben, darum, wie man mit dem nahen Tod und der Angst davor umgeht. Um den sinnlosen Kampf gegen Verfall und Auflösungserscheinungen, um das lächerliche Festhalten an Äußerlichkeiten, um Selbsttäuschung im Angesicht des Untergangs.

Freyberg, ehemaliger Lehrer, ist seit mehr als 30 Jahren in der freien Trierer Theaterszene aktiv. Nach einem Lehrgang für Schultheater übernahm er 1987 eine Volkshochschul-Theatergruppe an der Tufa. In Anlehnung an das mittlerweile legendäre Trierer Stadtmagazin Katz („Kleine alternative Trierer Zeitung“) nannte sich die Truppe „Katz-Theater“. Das Ensemble existiert bis heute und ist – nach einigen Schaffenspausen und häufigen Fluktuationen – immer noch aktiv. Freyberg hat mit der Truppe zahlreiche Stücke inszeniert. Seine besondere Vorliebe gilt französischen Autoren wie Albert Camus oder Jean-Paul Sartre. Das Jahr 2018 wird wohl sein letztes als Darsteller und Regisseur sein. Umso mehr freut er sich, seine Arbeit in der freien Theaterszene in Trier mit Ionescos Werk, das sich mit der Frage nach der Endlichkeit des Seins befasst, abzurunden.

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