Justiz Mordversuch auf der Kirmes? Einem Trierer drohen drei bis 15 Jahre Haft

Trier · Der 34-Jährige, der am Landgericht Trier wegen versuchten Mordes angeklagt ist, hat sich am ersten Prozesstag nicht zu der Sache geäußert. Sein 24-jähriges Opfer schilderte dagegen Details der mutmaßlichen Tat.

 Der Eingang zum Gerichtsgebäude in der Trierer Justizstraße.

Der Eingang zum Gerichtsgebäude in der Trierer Justizstraße.

Foto: TV/Friedemann Vetter

Wollte der Angeklagte wirklich seine Ex-Freundin töten? Diese Frage muss die Verhandlung um den 34-jährigen Zewener klären, der seine ehemalige Partnerin so heftig gewürgt haben soll, dass diese das Bewusstsein verlor. Nur, wenn das Gericht ihm den Vorsatz, der Frau das Leben zu nehmen, nachweist, kann die Anklage auf versuchten Mord aufrechterhalten werden.

Zu der Sache äußern will sich der blass um die Nase wirkende Zewener am gestrigen ersten Prozesstag nicht. Seine Ex-Freundin, als Zeugin vors Schwurgericht unter Vorsitz von Richterin Petra Schmitz geladen, muss dagegen aussagen.

Kennengelernt habe man sich vor gut acht Jahren bei einer Silvesterparty. „Kurz danach waren wir zusammen“, schildert die heute 24-Jährige. Die Beziehung zu dem zehn Jahre älteren Mann sei anfangs gut gelaufen, später habe er sich allerdings immer weniger Mühe gegeben. Nach etwa zwei Jahren trennten die beiden sich – fast jedenfalls. Lange Zeit habe es noch eine „Hin und Her-Beziehung“ gegeben, schildert die Zewenerin. Selbst als der Angeklagte eine neue Freundin hatte, sei man sich noch mehr oder weniger regelmäßig nahegekommen. Erst als sich die Beziehung mit der neuen Frau verfestigte und auch die Zeugin einen neuen Freund hatte, habe man endgültig die Finger voneinander gelassen. Eine lose Freundschaft sei allerdings bestehen geblieben.

Bei der Zewener Erdbeer-Kirmes im Juli 2017 standen die beiden schließlich mit anderen jungen Leuten am Bierstand. „Er fragte mich, ob er mit zu mir nach Hause kommen kann“, berichtet die Frau. Den Annäherungsversuch habe sie freundlich, aber bestimmt zurückgewiesen. Die Stimmung sei dann weiter gut gewesen. Wie üblich, sei „gestippelt“ worden, erzählt das spätere Opfer. Ihr Ex-Freund habe gefrotzelt, sie hätte zugenommen. Darauf habe sie gekontert, dass seine aktuelle, offenbar sehr schlanke Freundin einer „dürren Wasserleiche“ gleiche. Der Angeklagte brüstete sich am Bierstand daraufhin – so berichtete es gestern jedenfalls ein anderer Zeuge vor Gericht – dass er jedenfalls der erste Mann im Bett der jungen Frau gewesen sei. Auch darauf fand seine Ex-Freundin eine Antwort: Statt von einer Entjungferung könne man wohl lediglich davon sprechen, dass er sie „angestupst“ habe.

Vielleicht fühlte sich der 34-Jährige, der noch bei seinen Eltern wohnt, durch die Schmähung so gekränkt, dass er die Kontrolle verlor. Als seine Ex-Freundin später zu den nahen Toiletten ging, folgte er ihr jedenfalls. „Es ging alles ganz schnell“, erzählt die junge Frau. Sie sei von hinten am Hals gepackt worden. Aus den Augenwinkeln habe sie ihren Ex erkannt. Er habe ihr den Hals zugedrückt und nicht mehr aufgehört. Ob sie noch im Stehen das Bewusstsein verloren habe oder erst, nachdem sie mit dem Angreifer zu Boden stürzte, könne sie nicht mehr genau sagen.

Ein Zeuge, der die Szene aus der Entfernung beobachtete, eilte zu Hilfe. „Erst dachte ich, der Angeklagte mache Spaß. Dann habe ich gesehen, dass sie sich heftig wehrte, und bin hin“, berichtet der 26-jährige Zewener. Erst habe er den Angeklagten, der sein Opfer am Boden mittlerweile von vorne weiter gewürgt habe, von der Frau weggerissen. Die Zewenerin sei da nicht mehr bei Bewusstsein gewesen. „Ich habe ihr mehrmals leicht auf die Wangen geschlagen und versucht, sie wachzurütteln, erst dann kam sie wieder zu sich“, berichtet der junge Mann. Der Angeklagte habe ihn verständnislos angeguckt. „Ein bisschen so, als wisse er nicht, was da gerade passiert ist“, sagt der Zeuge.

Auch auf einen anderen Zeugen, der erst in diesem Moment zum Tatort kam, wirkte der Angeklagte seltsam. „Man könnte ja erwarten, dass so jemand irgendwie aggressiv ist. Aber er wirkte ganz ruhig, fast unbeteiligt“, berichtet der 60-Jährige, der für die Organisation der Kirmes verantwortlich war. Sein Angebot, Arzt oder Polizei zu rufen, habe die junge Frau strikt abgelehnt. „Ich wollte nur noch heim“, erklärt die Zewenerin dazu.

Erst am nächsten Tag sei sie mit ihrer Mutter zu einer Ärztin gegangen. Markante Würgemerkmale stellte diese nicht fest, stattdessen Rötungen am seitlichen Hals und Prellungen an Stirn und Knie. „Hatten Sie Schluckbeschwerden, oder waren Sie heiser?“, hakt Richterin Schmitz bei der Zeugin nach. Anfangs habe das Schlucken geschmerzt, heiser sei sie allerdings nicht gewesen, antwortet die Frau.

Am Abend nach dem Arztbesuch erstattete die Zewenerin schließlich Anzeige bei der Polizei. Diese ordnete den Strafantrag zunächst in der Kategorie Körperverletzung ein. Im Verlauf der Zeugenvernehmungen und nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft wechselte der Fall allerdings zur Kriminalpolizei.

Für den Tatverdacht versuchten Mord spiele es keine Rolle, ob das Opfer tatsächlich schwere Verletzungen davongetragen habe, erklärte Staatsanwalt Eric Samel gestern in einer Prozesspause im Gespräch mit dem TV. „Vielmehr geht es darum, ob der Angeklagte in Tötungsabsicht gehandelt hat.“ Weiter sei entscheidend, dass Würgen - und damit die Beeinträchtigung der Sauerstoffversorgung des Gehirns - grundsätzlich dazu geeignet sei, das Leben eines anderen zu gefährden. Auch deshalb müsse der 34-Jährige sich wegen versuchten Mords vor Gericht verantworten. Bei einer Verurteilung droht dem Angeklagten eine Gefängnisstrafe zwischen drei und 15 Jahren.

Gegenüber einem Freund hatte der Mann laut Prozessakten eingeräumt, dass er seine Ex-Freundin „leicht gewürgt“ habe, sich aber an nichts mehr erinnern könne. Am Morgen nach der mutmaßlichen Tat hatte er sich bei seinem Opfer mehrfach per SMS entschuldigt.

Der Prozess wird am Dienstag, 6. Februar, 9 Uhr, im Landgericht Trier fortgesetzt. Als Zeugin geladen ist dann unter anderem eine andere Ex-Freundin des Angeklagten. Auch ein medizinischer Sachverständiger soll gehört werden, unter anderem um herauszufinden, ob der Angriff tatsächlich lebensbedrohlich war.

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