Rebellen legen Beschwerde ein

Die gerade erst gegründete Realschule plus in Trier-Süd soll nach Trier-Nord verlegt werden. Das hat der Stadtrat Anfang Oktober beschlossen. Dagegen regt sich Widerstand aus dem Stadtrat selbst.

 Zukunft mal wieder ungewiss: Das Gebäude der Pestalozzi-Hauptschule neben der Feuerwache beherbergte ursprünglich das längst aufgelöste Treviris-Gymnasium Trier (TGT). Derzeit ist es ein Teilstandort einer Realschule plus. TV-Foto: Friedemann Vetter

Zukunft mal wieder ungewiss: Das Gebäude der Pestalozzi-Hauptschule neben der Feuerwache beherbergte ursprünglich das längst aufgelöste Treviris-Gymnasium Trier (TGT). Derzeit ist es ein Teilstandort einer Realschule plus. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Es ist eine ungewöhnliche Allianz: Norbert Freischmidt sitzt für die CDU im Stadtrat, Johannes Verbeek für die Linke. Was beide eint: Sie sind Gegner des Realschule-Plus-Beschlusses, den der Stadtrat am 5. Oktober gefällt hat.

Die Vorgeschichte: Der Stadtrat hat in der Sitzung sein bisheriges Schulkonzept über den Haufen geworden und sich für Realschule-plus-Standorte in Trier-West und in Trier-Nord ausgesprochen. Das Problem dabei: Erst mit Beginn des Schuljahrs hatte die Realschule plus in Trier-Süd ihren Betrieb aufgenommen. Am Standort der Pestalozzi-Hauptschule in der Speestraße enstand eine Realschule plus durch die Vereinigung der Hauptschule mit der Robert-Schuman-Realschule aus der Kaiserstraße. Die Idee, genau diese Realschule plus von Süd nach Nord zu verlegen, war in Reihen des Trierer Ampelbündnisses aus SPD, FDP und Grünen geboren worden - als Reaktion darauf, dass es nach den ursprünglichen Plänen keine Chance für eine weitere Realschule plus im Trierer Westen gegeben hätte. Das hatte zu Schüler-, Lehrer- und Elternprotesten im Westen geführt.

Das wollen Verbeek und Freischmidt: Verbeek und Freischmidt hatten eigene Anträge im Stadtrat gestellt. Freischmidt sprach sich anders als Teile seiner CDU-Fraktion dafür aus, die Realschule plus in Trier-Süd zu erhalten und eine Realschule plus mit zwei Standorten in West und Nord zu gründen. Den Hinweis der Schuldezernentin, eine Realschule plus an zwei Standorten sei von der Landesregierung aus nicht erwünscht und deshalb nicht durchsetzbar, will Freischmidt nach wie vor nicht gelten lassen. "Wenn das mit politischem Nachdruck vom Oberbürgermeister und Malu Dreyer in Mainz gefordert würde, wäre das auch zu machen", ist er überzeugt. "Das hat nur niemand ernsthaft versucht."

Bei Johannes Verbeek spielte der Standort West keine Rolle, er sprach sich in seinem Antrag für den Erhalt der Realschule plus in Trier-Süd sowie für eine integrative Realschule plus in der Geschwister-Scholl-Schule im Maarviertel aus.

Das Abstimmungs-Problem: Verbeek wie auch Freischmidt ärgert nun, dass über ihre jeweiligen Anträge im Stadtrat überhaupt nicht abgestimmt wurde. OB Klaus Jensen hatte das mit dem Hinweis abgelehnt, der Antrag des Ampelbündnisses sei der weitergehende. Üblicherweise wird im Stadtrat bei mehreren Anträgen zu einem Thema immer zunächst über den abgestimmt, der der weitestgehende ist. Alle anderen, weniger umfassenden Anträge gelten im Falle der Beschlussfassung dann als erledigt. Verbeek hat sich über das Abstimmungsprozedere bei der Kommunalaufsicht beschwert, die bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier angesiedelt ist. Die ADD teilt auf TV-Anfrage mit, eine Entscheidung über die Beschwerde solle so schnell wie möglich getroffen werden.

Ein weiterer Kritikpunkt von Freischmidt bezieht sich ebenfalls auf die Abstimmung. Der CDU-Mann beanstandet, dass weder der Ortsbeirat Mitte-Gartenfeld noch der von Trier-Süd mit dem Änderungsantrag der Ampel befasst worden sei. Tatsächlich müssen grundsätzlich die Ortsbeiräte zu allen wichtigen Belangen, die den Ortsbezirk berühren, vor der Beschlussfassung durch den Stadtrat gehört werden. Bisher wurde das im Falle von Änderungsanträgen, die ja erst kurz vor oder in einer Stadtratssitzung gestellt werden, aber nicht gemacht, wenn durch die Änderung ein anderer, bisher nicht beteiligter Ortsbezirk betroffen wurde. Auch mit der Klärung dieser Rechtsfrage werde sich die ADD beschäftigen müssen, teilt die Stadtverwaltung dem TV mit.

Was sind die Konsequenzen? Sollten Verbeek oder Freischmidt mit ihren Beschwerden Recht bekommen, würde das eine neue Beschlussfassung im Stadtrat in einer der nächsten Sitzungen nötig machen. Politisch gesehen dürfte sich an den Positionen innerhalb des Stadtrats wenig geändert haben, die Mehrheit für die Realschule plus in West und die Verlegung von Süd nach Nord war deutlich. Für Freischmidt und Verbeek wäre es aber schon ein Erfolg, das Thema erneut auf die Tagesordnung gesetzt zu haben.

Meinung

Unangenehmes Thema

Der Beschluss, die Realschule plus von Trier-Süd nach Trier-Nord zu verlagern, wird sich kaum mehr ändern, selbst wenn er noch einmal im Stadtrat zur Diskussion stehen sollte. Das wissen vermutlich auch Johannes Verbeek und Norbert Freischmidt. Dennoch dürfte es den meisten Stadtratsmitgliedern einigermaßen unangenehm sein, dieses Thema noch einmal auf der Tagesordnung zu haben. Denn mittlerweile liegen die genauen Zahlen vor, wieviel Geld bereits in den Umbau des ehemaligen Pestalozzi-Schulgebäudes gesteckt wurde. Es ist fast eine halbe Million Euro, von der niemand sagen kann, ob sie nicht möglicherweise - je nach Nachfolgenutzung des Geländes am St.-Barbara-Ufer - vollkommen für die Katz war. Es ist zwar größtenteils Geld aus dem Konjunkturpaket II und nur zum kleineren Teil aus dem städtischen Haushalt. Einen Eintrag im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes hat sich der Stadtrat mit seinem Meinungswandel aber dennoch redlich verdient. m.schmitz@volksfreund.de

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