Rendezvous zwischen Not und Tugend

Die Notlösung hat sich bewährt und etabliert. Zehn Jahre nach ihrer Einführung am 1. August 1997 sind die Sternbusse nicht mehr aus dem Stadtwerke-Angebot wegzudenken. Zur Feier des Jubiläums ist Busfahren am Samstag ab 20 Uhr kostenlos.

 Zentraler Umsteigepunkt am Hauptbahnhof: Seit zehn Jahren fahren abends und am Wochenende die Sternbusse. TV-Foto: Roland Morgen

Zentraler Umsteigepunkt am Hauptbahnhof: Seit zehn Jahren fahren abends und am Wochenende die Sternbusse. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. Heute unvorstellbar, aber bis vor zehn Jahren Nahverkehrsalltag in Trier: Auch abends und an Wochenenden fuhren die "normalen" Buslinien 1 bis 40 auf ihren üblichen Strecken. Für die Stadtwerke als Betreiber ein zunehmend teures Unterfangen, dem auch die Einführung von Anruf-Sammel-Taxis (AST) als Ersatz für schwach besetzte Linien keine große Kostenreduzierung brachte. Die kam erst mit der Einführung des Sternbus-Systems (Linien 80 bis 87) vor heute genau zehn Jahren. Das Konzept: Ein neues, gestrafftes und aufeinander abgestimmtes Busverkehrs-Konzept mit dem Hauptbahnhofs-Vorplatz als - absolutes Novum in Trier - zentralem Umsteigepunkt. Den Namen Sternbusse wählten die Stadtwerker, weil die Wagen aus sämtlichen Richtungen zum Rendezvous am Hauptbahnhof zusammenkommen und zeitgleich auch strahlenförmig wieder auseinanderfahren. Die Liniennummerierung soll als Eselsbrücke dienen: Die Acht am Anfang reimt sich auf "Nacht".Allen Unkenrufen und anfänglicher Verwirrung zum Trotz zieht Stadtwerke-Verkehrs-Chef Frank Birkhäuer eine positive Bilanz: "Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht. Das Sternbus-System ist auch für unsere Kunden eine gute Lösung." Sie bezog die Umland-Linien mit in den City-Verkehr ein und machte Schluss mit mehrfachem Umsteigen und nicht aufeinander abgestimmten Anschlüssen, aber auch mit teurem Parallelverkehr. Beispiel: Bis 31. Juli 1997 fuhren auch abends und am Wochenende die 2 nach Heiligkreuz und die 8 zum Mariahof. Im Sternverkehr macht jeder zweite 82er-Bus auf dem Weg zum Mariahof einen Schlenker über Heiligkreuz. Gleich im ersten Jahr bescherte die Linien-Straffung den Stadtwerken Einsparungen von gut einer viertel Million Euro. Das Ende der Optimierungs-Fahnenstange war damit allerdings noch nicht erreicht. Lösten die Sternbusse anfangs an Werktagen um 20.45 Uhr und samstags ab 16.45 Uhr die Linien 1 bis 40 ab (sonn- und feiertags fuhren sie stets ganztätig), so verkehren sie heute im Frühverkehr bis 6.30 Uhr sowie abends ab 18.45 Uhr. Sternbus-Kunden bilden unfreiwillig eine große Solidargemeinschaft: Wenn es zu einer Verspätung kommt, dann sind alle davon betroffen, denn die Busse warten am Hauptbahnhof bis zu fünf Minuten aufeinander, um das Umsteigen zu ermöglichen. Auch auf verspätete Fernzüge wartet die Sternbus-Flotte bis zu fünf Minuten.

So, wie das Sternbus-System sich heute präsentiert, soll es weiterhin bleiben: Rendezvous am Hauptbahnhof mit Abfahrzeiten zu jeder vollen und vollen halben Stunde, in den frühen Abendstunden sowie an Samstagen tagsüber sogar alle 15 Minuten. Einsparungen bei den Sternbussen stünden nicht zur Diskussion, heißt es bei den Stadtwerken.

Zur Feier des Sternbus-Jubiläums ist am Samstag, 4. August, ab 20 Uhr das Busfahren auf den Linien 81 bis 87 kostenlos.

Meinung

"Lumpensammler" macht Karriere

Es war eine alles andere als leichte Geburt. Selbst eine massive Werbe-Kampagne konnte die anfängliche Verwirrung und Skepsis bei der Sternverkehr-Einführung 1997 nicht verhindern. Wieso plötzlich zwei verschiedene Bus-Systeme? Was soll der Zahlensalat mit den 80er-Linien? Das war selbst für die ohnehin leidgeprüften Stadtbus-Kunden (stetig steigende Ticketpreise bei sinkendem Angebot) zu viel. Allen Startproblemen und Kinderkrankheiten zum Trotz: Der Sternverkehr hat sich bewährt - auch wenn seine Schwachstellen systembedingt sind. Weil wenige Linien ein großes Gebiet bedienen - wer von Trier nach Ehrang will, muss den Umweg über Pfalzel in Kauf nehmen -, haftet das "Lumpensammler"-Image an. Je nach Zielort ist Sternbus-Fahren eine zeitaufwendige Angelegenheit. Dennoch überwiegen die Vorteile wie die Abstimmung auf den Zugverkehr und die zentrale Umsteigemöglichkeit am Hauptbahnhof. Zum Sternbus gibt es in Trier keine bezahlbare Alternative. r.morgen@volksfreund.de

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