Rundgang durch Trier auf den Spuren der Nazi-Tätern

Trier · Bei einem Rundgang durch die Stadt entdecken die Teilnehmer Trier neu.

 Thomas Zuche, engagiert in der Friedensarbeit, Petra Gouverneur vom AK Trier im Nationalsozialismus der AGF und die Historikerin Ulrike Winkler auf Spurensuche in Trier. Foto: privat

Thomas Zuche, engagiert in der Friedensarbeit, Petra Gouverneur vom AK Trier im Nationalsozialismus der AGF und die Historikerin Ulrike Winkler auf Spurensuche in Trier. Foto: privat

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Spurensuche nach Nazi-Tätern in Trier: Petra Gouverneur vom Arbeitskreis Trier im Nationalsozialismus, Historikerin Ulrike Winkler und Thomas Zuche, engagiert in der Friedensarbeit, sowie 40 Frauen und Männer machten sich auf den Weg. Die Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft Frieden (AGF) stellten am Jahrestag der Befreiung bei ihrem Gang durch die Stadt Personen und Gruppen vor, die als Nazis in Trier gewirkt hatten.

Wie Hans Maria Globke, der eine wichtige Rolle bei der Entrechtung jüdischer Deutschen spielte und später zweiter Mann hinter Bundeskanzler Adenauer wurde. Ulrike Winkler erinnerte an die in Trier wenig bekannte Tatsache, dass er fast am wichtigsten Schreibtisch Platz genommen hätte, den Trier zu bieten hat: Dem des Oberbürgermeisters.
Die CDU hatte Globke 1949 als Kandidat in Erwägung gezogen, scheiterte aber am Widerstand der SPD-Ratsfraktion, die den "Blutjuristen" nicht in dieser Position sehen wollte.

Petra Gouverneur beleuchtete die Rolle der Hitlerjugend am Beispiel von Dora Pick, die den "Bund Deutscher Mädel" im Kreis Trier-Saarburg gründete. Unter ihrer Führung wurden viele Mädchen mit der nationalsozialistischen Gedankenwelt infiziert. Thomas Zuche berichtete am Ort, wo früher das "Braune Haus" in Trier stand, über Paul Wipper. Der frühere Kreisleiter der NSDAP für den Bereich Trier-Land-West war schon früh Parteigenosse geworden und glühender Anhänger des "Führers". Im Krieg hochdekoriert nutzte er die anschließende Haftzeit bei den Briten, um sich von Krieg und Nazi-Verbrechen zu distanzieren. Er kehrte 1951 nach Trier zurück und wurde in den 1980er Jahren sogar Mitarbeiter im Arbeitskreis Friedenserziehung der AG Frieden.

Obergerichtsvollzieher Peter Poschen wurde als übereifriger Beamter vorgestellt, der tatkräftig im Verbund mit der Gestapo half, jüdische Bürger um ihr Hab und Gut zu bringen. Klaus Barbie erlangte als "der Schlächter von Lyon" traurige Berühmtheit. Anders als Wipper brüstete er sich noch 1972 in Bolivien damit, dass er bereit wäre, "das wieder zu tun, tausendfach wieder zu tun, was ich gemacht habe, wenn es noch mal zu tun wäre." Der berüchtigte Folterer und Geheimdienstchef hatte seine "Karriere" als Zögling des Bischöflichen Konvikts und Schüler des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums in Trier begonnen.

Besonders betroffen waren einige Teilnehmerinnen von einem Stopp in der Brotstraße, wo der Stadtführer eine Passage aus einem Zeitungsbericht vorlas. Es ging um die Rolle der Trierer bei der Judenboykottaktion 1933. Es hieß dort: "Die Brotstraße ist voll von Menschen, Gaffer, die sich den Rummel ansehen wollen (…) Man konnte in wenigen Gesichtern einen Funken von Jubel sehen, dass den Juden so übel mitgespielt wurde, man hatte das Gefühl, dass all diese Menschen sich ducken, sich unauffällig machen wollen…" Zustimmende und Schaulustige also, aber vor allem betretene Zuschauer. Ulrike Winkler fragte: "Wann stellt sich ein Mensch verbrecherischem Handeln, Antisemitismus und Rassismus entgegen? Eine Frage, die uns nicht nur historisch beschäftigt." So verabschiedete Petra Gouverneur die Teilnehmer mit einem Wort des chinesischen Philosophen Laotse: "Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun, sondern auch für das, was wir geschehen lassen."

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