Literatur Erst Horrortrip, dann Kishon und Roth

TRIER  · Der bayerische Schauspieler Günther Maria Halmer begeistert die Zuschauer zum Start von StadtLesen auf dem Domfreihof in Trier.

 Der Schauspieler Günther Maria Halmer eröffnete gestern Abend mit seiner Vorlesung das Festival StadtLesen auf dem Domfreihof. Zuvor waren auch die drei Gewinner des Volksfreund-Essay-Wettbewerbs auf der Bühne gewesen:  Franz-Josef Nett, Susanne Craemer und Bernhard Hoffmann (mit Sonnenblumen) ihre Siegerwerke vorgetragen.

Der Schauspieler Günther Maria Halmer eröffnete gestern Abend mit seiner Vorlesung das Festival StadtLesen auf dem Domfreihof. Zuvor waren auch die drei Gewinner des Volksfreund-Essay-Wettbewerbs auf der Bühne gewesen:  Franz-Josef Nett, Susanne Craemer und Bernhard Hoffmann (mit Sonnenblumen) ihre Siegerwerke vorgetragen.

Foto: Björn Pazen

Die Unwetter der vergangenen Tage haben die Organisatoren etwas nervös werden lassen. Als es am Donnerstagmorgen in Trier leicht zu regnen begann, gingen die bangen Blicke von Caroline Thielen-Reffgen gen Himmel. Die Salzburger Innovationswerkstatt hatte ihre gemütlichen Sitzmöbel auf dem Domfreihof gerade aufgebaut, die 3000 Bücher waren in den riesigen Containern verstaut und warteten auf Leser – und am Abend sollte die große Eröffnung der fünften Auflage von StadtLesen in Trier wie immer unter freiem Himmel über die Bühne gehen. Oder doch in den Räumen der Stadtbibliothek im Palais Walderdorff?

Der Mittag kommt, die ersten Literaturfreunde liegen entspannt in Sitzsäcken oder Hängematten, der Blick der Organisatoren hellt sich auf – in trauter Einigkeit mit dem Himmel. Je näher der Auftritt des Schauspielers Günther Maria Halmer sowie der Sieger des Volksfreund-Essay-Wettbewerbs rückt, desto besser wird das Wetter.

Punkt 18.10 Uhr, nach dem Läuten der Domglocken, betritt Franz-Josef Nett die Bühne auf dem malerischen Domfreihof. Der 73-jährige aus Gerolstein ist einer der drei Gewinner, die sich im Wettbewerb von TV und Dieter-Lintz-Stiftung erfolgreich mit Leben und Werk von Karl Marx beschäftigt haben. Danach lesen auch Susanne Craemer (60, Lehrerin in Luxemburg) und Bernhard Hoffmann (67, ehemaliger Uni-Dozent)ihre Essays vor. Interessiert lauschen die Literaturfans den völlig unterschiedlichen Ansätzen und Analysen des Trios.

Mittlerweile war auch Halmer eingetroffen. Er sitzt konzentriert unter dem Vordach des Palais Walderdorff, auch sein Blick geht gen Himmel. Alles gut. Bevor der Ur-Bayer die Bühne vor dem mit über 400 Menschen mittlerweile vollbesetzten Domfreihof betritt, loben die Festival-Organisatoren Sebastian Mettler (Innovationswerkstatt) und Rudolf Freis (Leiter des Medienzentrums Trier) das Festival.

234 Städte aus vier Ländern hatten sich als potenzielle Gastgeber beworben, 26 wurden ausgewählt, darunter zum fünften Mal in Folge Trier. „Wir wollen hier auf dem Domfreihof auch den zehnten Geburtstag feiern“, sagte Oberbürgermeister Wolfram Leibe. In seinem Grußwort machte er den Spagat von Alphabetisierung zur Digitalisierung, und welche Bedeutung dabei dem Lesen zukommt. „Ohne Lesen und Verstehen kein Zugang zur digitalen Welt.“

Für Mettler bieten die 3000 Bücher von über 125 Verlagen, die in Trier zum Schmökern ausliegen, den Kontrapunkt zur digitalen Welt: „Bücher sorgen für farbenfrohe Fantasie, genießen Sie also vier Tage Fantasie an diesem tollen Ort“, sagte der Salzburger. Da standen schon viele Leseratten um die Büchertürme oder lagen lesend in den Sitzsäcken.

Und dann Halmer. Der Schauspieler hatte einen wahren Horrortrip mit der Bahn von München nach Trier hinter sich. Zugausfälle, Verspätungen, das Ticket verloren, ein neues gekauft, in Mannheim in den falschen Zug ein- und in Ludwigshafen wieder eingestiegen.

Aber der Münchener war pünktlich, gegen 19.15 Uhr begann sein Auftritt. Zunächst mit Geschichten von Ephraim Kishon, die sich zum Beispiel mit einem reinrassigen Hundekauf, einem Bademeister  oder dem kroatischen Onkel Dragomir befassten, dann die „Ein Mensch“-Geschichten von Eugen Roth. „Nur Roth wäre vielleicht zu langweilig geworden, deswegen gibt es noch etwas Lustiges dazu“, begründete Halmer seine Auswahl, die die Besucher fesselte. Mit der sonoren Stimme als Markenzeichen zog er die Lesefans in seinen Bann.

Das Wetter hielt, die letzten Sonnenstrahlen des Tageserhellten den Dom. In langen Schlangen standen die Besucher vor Halmer, der fleißig seine Bücher signierte. „Hoffentlich bleibt das Wetter bis Sonntag so“, war der Wunsch von Organisatorin Caroline Thielen-Reffgen. Bis dahin können sich Bücherfans auch alle weiteren Veranstaltungen rund ums Lesen bei freiem Eintritt anschauen – oder sich beim Alfa-Mobil über Alphabetisierung informieren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort