Schlau und besser als die anderen

TRIER. Sie haben in ihrem Leben quasi eine Weltreise hinter sich - quer durch die einstige Sowjetunion. Nun lebt das Ehepaar Koch, gebürtige "Wolgadeutsche", in Trier-Nord und feiert 70 Jahre Ehe.

"Ich liebte ihn schon von klein auf", erzählt Olga Koch OB Helmut Schröer. "Mein Mann ist schlau und listig und besser als die anderen." Olga war 18, ihr "Freund" Alexander 19, als sich beide zur Hochzeit entschlossen. Auf die Frage, wer wem den Heiratsantrag stellte, grinst die 88-jährige Dame: "Wahrscheinlich ich." 70 Jahre später halten beide immer noch zusammen, "Gnadenhochzeit" nennt man solche an die Ewigkeit erinnernden Jubiläen. Die Kochs leben seit 1993 in Trier. Sie sind Nachfahren der einstigen "Donauschwaben", die 200 Jahre zuvor in die weite Steppe Zentralrusslands ausgewandert waren. An den Ufern der Wolga wuchsen die Jubilare auf. Das kasachische Dorf, in dem sie zuletzt wohnten, habe fast vollständig aus Wolgadeutschen bestanden. Heutzutage sei es praktisch verlassen. Auf dem Wohnzimmertisch, gedeckt für die Familie, stapeln sich Schinkenröllchen, Strauchtomaten und Sekt. Verwandte und Freunde schauen herein. "Die meisten kommen erst nach der Arbeit." Ihrem Wegzug nach Deutschland folgte nach und nach die gesamte Verwandtschaft. Sieben Töchter und Söhne (einer lebt noch in Kasachstan) sind darunter sowie 24 Urenkel. Das Ehepaar war zu Berufszeiten pädagogisch tätig: Olga Koch unterrichtete Deutsch, "als Fremdsprache", betont sie. Ihr Mann lehrte die Kinder Mathe und Physik. Ein (mittlerweile) über 40-jähriger Enkel zeigt auf seinen Großvater: "Er hat mir alles beigebracht." Die Kochs wirken bescheiden, ihre Lebenserfahrung ist es eindeutig nicht. Bereits 1928 erlebte Olga Koch als Kind im Zuge der sowjetischen "Landreform" die Vertreibung vom Hof, dann spricht sie vom "28.August", da sei es sehr schnell gegangen: 1941 mussten die Wolgadeutschen für Hitlers Überfall auf die Sowjetunion mit ihrer Deportation nach Sibirien büßen. Erst 1987 wanderte sie ins sonnige Kasachstan weiter. Olga Koch kann daher über die Frosttemperaturen in Deutschland nur milde lächeln. "Als wir in Sibirien lebten, gingen die Kinder dort zur Schule, die Menschen arbeiteten. Bei minus 58 Grad."

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