Schön, wenn der Schock nachlässt

TRIER. Erleichtertung auch in Trier: Gewerkschaft und Karstadt haben sich am Donnerstagnachmittag in einem Verhandlungsmarathon auf ein Sanierungskonzept geeinigt. Die Einschnitte sind hart, aber nicht so drastisch, wie es das ursprüngliche Sparkonzept der Konzernleitung vorgesehen hatte.

Es ist ein bisschen so, als erhalte der Kapitän, der das havarierte Schiff achtlos in die Untiefe gesteuert hat, erleichtertes Lob dafür, dass die meisten Passagiere gerettet werden konnten. "Die Einigung ist akzeptabel", sagt eine Verkäuferin in der Schmuckabteilung von Karstadt Trier erleichtert. "Ich hab' es mir viel schlimmer vorgestellt. Gottseidank sind sie nicht an unsere Urlaubstage gegangen." Die Karstadt-Taktik ist aufgegangen: Erst zeichnete die Konzernleitung ein Schreckensbild, das düsterer kaum sein konnte. Jetzt, nach Verhandlungen mit Gewerkschaft und Betriebsräten, stimmte das Management, dessen Fehler die Karstadt-Krise erst verschuldet haben, einem neuen Sanierungsplan zu. Der sieht zwar immer noch Einschnitte vor, ist aber lange nicht mehr so hart, wie die ursprünglichen Ankündigungen. Der Effekt ist Erleichterung und Zustimmung bei den vorher verängstigten Mitarbeitern. "Ich bin einverstanden mit den Kürzungen", sagt ein Trierer Karstadt-Auszubildender. "Immerhin behalten wir dadurch unsere Jobs." Die Abteilungsleiter des Warenhauses in der Simeonstraße wurden gestern um 14.30 Uhr von Geschäftsführer Thomas du Buy über den Sanierungsplan informiert. 500 Millionen Euro oder 4200 Stellen müssten in den Jahren 2005 bis 2007 im Bereich Personal deutschlandweit eingespart werden, heißt es in einem internen Schreiben, das dem TV vorliegt. Für die Stellen im Verkauf bestehe in Trier keine Gefahr, in der Verwaltung stünden allerdings Streichungen an, sagte du Buy dem TV . "Aber, ob das über Altersteilzeit, Abfindungen, Versetzungen in den Verkauf oder durch Übernahmen in Beschäftigungsgesellschaften geschieht, hängt ganz vom Wunsch des einzelnen Mitarbeiters ab." Betriebsbedingte Kündigungen werde es nicht geben. Im Papier ist weiter die Rede von "Einschnitten bei Jubiläumsgeld und Weihnachszuwendungen, Streichung des Zusatzurlaubs, Verzicht auf Urlaubsgeld, Reduzierung tariflicher Sonderzahlungen, weiterer Flexibilisierung der Arbeitszeit und vollständiger Aussetzung von Tarifsteigerungen". Die Einschnitte und die Stellenstreichungen - neben den 4200 im Warenhausbereich rund 1300 im Versandhandel - sollen insgesamt eine Einsparsumme von 760 Millionen Euro bringen. In Kraft treten sollen die Änderungen ab Januar 2005.Warengutschein statt Urlaubsgeld

Von 2005 bis 2007 soll ein 1000-Euro-Warengutschein das tarifliche Urlaubsgeld ersetzen. "Das ist eigentlich sogar besser", sagt ein Mitarbeiter in der Elektroabteilung. "Anders als sonst, zahlen wir so auf's Urlaubsgeld keine Steuern." Dass er den Gutschein als geldwerten Vorteil sehr wohl versteuern muss, weiß er offensichtlich nicht. Die anderen Einschnitte müsse man eben hinnehmen. "Aber dass der Karstadt-Vorstand inklusive einer vakanten Stelle um drei Mitglieder aufgestockt wird, während bei uns gespart wird, ist eigentlich nicht zu akzeptieren", regt sich neben aller Einsicht sein Widerstand. Darüber, welche Höhe die Einschnitte haben werden, ist Triers Karstadt-Chef Thomas du Buy noch nichts Genaues bekannt. "Die Informationen sind sehr pauschal", sagt der 41-Jährige. Die Steichungen beim Weihnachtsgeld in den Jahren 2005 bis 2007 lägen wohl bei 50 Prozent. Über das diesjährige Weihnachtsgeld sei noch gar nicht verhandelt worden. "Ob es da auch Streichungen geben wird oder es unangetastet bleibt, ist noch nicht klar", sagt der zweifache Vater.

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