Schreckgespenst Schimmel

TRIER. Eine junge Familie zieht in eine Mietwohnung ein und stellt fest, dass dort Schimmel wächst. Hat die Familie, da sie trotzdem nicht auszieht, den Schimmelbefall quasi als elementaren Bestandteil akzeptiert und damit das Recht auf Mietminderung verwirkt? Diese Frage beschäftigte das Amtsgericht Trier und ist gleichzeitig das nächste Kapitel im Schimmel-Streit von Euren.

Die Wohnblöcke in der Straße "Im Geimersfeld" in Trier-Euren wurden nach dem Abzug der französischen Streitkräfte von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, dem damaligen Bundesvermögensamt, übernommen. Der günstige Wohnraum zog viele Interessierte an. Doch einige Mieter machten schnell die Bekanntschaft eines gefährlichen Mitbewohners. Schwarzer Schimmel breitete sich aus. Markus und Heike Bohr gehörten zu diesen Mietern. Jahrelang kämpften sie gegen den Schimmel und ihren Vermieter - den Bund. Schließlich kapitulierte die Familie und zog doch um, vor allem die Sorge um die Gesundheit der Kinder Dennis, Lisa, Janek und Kilian war zu groß. Die Bohrs waren nicht die einzigen Betroffenen im Geimersfeld. Nach einem ersten TV-Artikel meldeten sich weitere Familien, an deren Wänden und Decken ebenfalls schwarze Schichten wucherten. Mitteilungen kamen aus den Häusern 2, 4, 6 und 8. Auch frühere Mieter dieser Häuser riefen in der TV-Redaktion an und bestätigten, dass sie ebenfalls extreme Schimmel-Probleme hatten. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben berief sich auf ein Gutachten des Trierer Büros "Isstas". Dieses Papier besagte, die Wohnung der Familie Bohr könne nur "mit erheblichem Aufwand" schimmelfrei bewohnt werden. "Nachdem diese Leute unsere Wohnung zum x-ten Mal besichtigt haben, hieß es, dass die Schimmelbildung durch falsches Heizen und Lüften hervorgerufen wird. Das Haus sei ein Altbau, man müsse bereits beim Einzug mit solchen Problemen rechnen", sagte Markus Bohr. Auch nach dem Umzug stritten die Bohrs weiter mit dem Bund. Dieser klagte auf Nachzahlung der gekürzten Miete - und gewann. In der Urteilsbegründung taucht eine Passage auf, die Markus Bohr endgültig auf die Palme bringt. "Im Urteil steht, das Recht zur Mietminderung sei in diesem Fall ausgeschlossen." Die Begründung: Bereits bei der Wohnungsübergabe sei festgehalten worden, dass sich Schimmel in der Loggia und im Kinderzimmer befindet. Damit, so sieht es das Gericht, habe die Familie bei Vertragsabschluss den Mangel der Mietsache gekannt. Das Gericht beruft sich außerdem auf ein weiteres Gutachten, aus dem hervorgeht, dass der Schimmel in der Wohnung der Bohrs zu 15 Prozent bauartbedingt sei. An den restlichen 85 Prozent sei die Familie demnach selbst schuld. Die Bohrs müssen insgesamt 420 Euro, die sie von der Miete abgezogen haben, nachzuzahlen. "Das ist ein Schlag ins Gesicht und eine Niederlage für alle von Schimmel betroffenen Mieter", fasst Markus Bohr zusammen. "Es ist eine Frechheit zu behaupten, man habe den Schimmel beim Einzug bemerkt und damit gewissermaßen akzeptiert. Wir sind doch nur deshalb in dieser Wohnung geblieben, weil wir unserem Vermieter geglaubt haben, dass er den Mangel beseitigen wird."

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