Seine Werkstatt ist kein Gruselkabinett

TRIER-SÜD. Der Blick durch das Schaufenster enthüllt nicht das übliche Bild, das man von einem Ladenlokal in einem Wohngebiet erwartet. Geweihe und Trierpräparate stapeln sich und hängen an den Wänden hinter dem Schaufenster. Währenddessen sitzt Bernhard Schmitz in seiner Werkstatt und beschäftigt sich mit Wildschweinen, Hirschen oder Vögeln.

Der Tod ist zwar allgegenwärtig in der Werkstatt von Bernhard Schmitz. Aber damit setzt sich der 53-Jährige nicht auseinander. Nicht, "solange 10 000 Kinder täglich auf der Welt verhungern". Seinen Beruf sieht er als wissenschaftliche Arbeit an und lehnt es ab, blutrünstige Darstellungen von kämpfenden Tieren herzustellen. "Ein Tier soll so natürlich wie möglich aussehen. So, wie es in der Natur gelebt hat." Als 14-Jähriger hat Bernhard Schmitz 1966 im Zoologischen Präparatorium von Meister Prätzlich zu lernen begonnen. Seine Familie hatte immer schon mit der Jagd zu tun gehabt, deshalb sei ihm der Beruf des Präparators nicht fremd gewesen. Was sich aber genau dahinter verbirgt, habe er damals noch nicht gewusst. Seine Lehrzeit schloss er mit einer dreitägigen Prüfung vor dem Verband Deutscher Präparatoren ab. Anschließend arbeitete er bei anderen Präparatoren, bevor er 1978 die Werkstatt seines Lehrmeisters übernahm. "Ein aussterbender Beruf"

Obwohl für einige Menschen seine Arbeit mit Vorurteilen behaftet sei, habe er mit seiner Nachbarschaft keine Probleme. "Man sollte es als ehrbaren, handwerklichen Beruf sehen. Das hat nichts mit Grusel und Horror zu tun, nichts mit solchen Figuren wie im Film Psycho", sagt Schmitz. Jegliche Form von Schaulust, "nur um sich zu gruseln", verurteilt er. Außerdem hinterfragt er die Beweggründe seiner Kunden kritisch, sich ein Tier als Trophäe präparieren zu lassen. Bloße Beutegier lehnt Schmitz ebenso ab wie die Vorliebe einiger Menschen für exotische Tiere und für Produkte, die aus unter Artenschutz stehenden Tierteilen hergestellt werden. Seine fachliche Kompetenz beweist der Präparator mit seiner Arbeit im luxemburgischen Nationalmuseum für Naturgeschichte. Dort ist er seit 20 Jahren beschäftigt. Er kümmert sich um die zoologische Sammlung, das Reparieren und Restaurieren sowie die Bestimmung der zahllosen Präparate, die in den meterlangen Regalen zum Teil schon über 150 Jahre schlummern. "Damit will ich auf jeden Fall noch fertig werden, solange ich arbeiten kann", sagt Schmitz. Zu seinen Kunden gehören heute hauptsächlich Jäger. Menschen, die ihre verstorbenen Haustiere ausstopfen lassen wollen, schickt Schmitz allerdings sofort wieder heim. "Ich kann sie zwar so gut präparieren, wie es geht. Aber das ist nicht das gleiche, als wenn sie lebendig wären", sagt er. Oft bringen Menschen auch in der Natur gefundene Tiere, "hauptsächlich Vögel", in seine Werkstatt. Einige davon bearbeitet Schmitz, andere darf er wegen der strengen Arten- und Naturschutzauflagen nicht für Privatleute herrichten und vermittelt sie als Exponate an das Luxemburger Museum. "Präparator ist ein aussterbender Beruf", sagt Schmitz. Auch die Gerber, die die nötigen Umweltauflagen erfüllen und die Felle für präparatorische Zwecke bearbeiten, werden immer seltener. Einen Lehrling möchte Schmitz nicht ausbilden. "Ich war schon immer ein Einzelkämpfer." Er brauche Ruhe und Muße für sein Geschäft. In seinem Privatleben will Schmitz nichts von Tieren und Präparation wissen, obwohl er seinen Beruf gerne ausübt. Für die Vergangenheit interessiert er sich allerdings auch im Privaten. Ägyptologie und Archäologie sind seine favorisierten Disziplinen. Er besucht Ausstellungen und Vorträge, verschlingt Fachbücher und Bildbände und ist Mitglied im Verein für nützliche Forschung.

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