Selbst entzündet, nicht gelegt

Mit Leinöl getränkte Lappen, die sich selbst entzündet haben, sind Schuld am Brand des Trierer Waldorfkindergartens im Juli 2009. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mitarbeiter der Einrichtung.

 Das Dach des Waldorf-Kindergartens auf dem Trierer Wolfsberg wurde im Juli 2009 bei einem Brand fast völlig zerstört. Ursache für die Flammen waren Leinöl-Lappen, die sich selbst entzündet hatten. TV-Foto: Archiv/Agentur siko

Das Dach des Waldorf-Kindergartens auf dem Trierer Wolfsberg wurde im Juli 2009 bei einem Brand fast völlig zerstört. Ursache für die Flammen waren Leinöl-Lappen, die sich selbst entzündet hatten. TV-Foto: Archiv/Agentur siko

Trier. Von außerhalb des Gebäudes seien die Flammen an das Gebäude geschlagen. Soviel stand für die Brandexperten der Kripo bereits am Tag danach fest. Doch die Quelle der Flammen zu ermitteln, die am Abend des 26. Juli den Waldorf-Kindergarten auf dem Trierer Wolfsberg in Schutt und Asche gelegt haben, dauerte bis jetzt.

Weil ein bislang unbekannter Brandstifter in den vergangenen Jahren etliche Male in Trier Feuer gelegt hatte - in mehreren Bränden waren gut 30 Autos rund um das Universitätsgelände in Flammen aufgegangen, auf der Reitanlage Trimmelter Hof wurden an vier Sommern in Folge Scheunen und Stroh-Vorräte angesteckt -, glaubten viele auch diesmal an einen Feuerteufel.

Doch die Wahrheit sieht anders aus, wie Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer am Donnerstag auf TV-Anfrage erklärte: "Laut Brandgutachten haben sich in einer Mülltonne, die unter dem Gebäudedach stand, mit Leinöl getränkte Tücher selbst entzündet." Von der Tonne aus seien die Flammen an den Dachstuhl geraten. "Offenbar hatten Mitarbeiter des Kindergartens zuvor mit den Leinöl-Tüchern Holzmöbel behandelt", sagt Brauer. Leinöle sind leicht entzündlich, sie enthalten Fettsäuren und ungesättigte chemische Verbindungen. Zusammen mit Sauerstoff entstehen chemische Reaktionen, die Wärme freisetzen. Diese staut sich in den Stofflappen und kann diese entzünden. "Wir müssen jetzt ermitteln, wer für die unsachgemäße Entsorgung der Leinöl-Lappen verantwortlich ist und ob fahrlässig gehandelt wurde", erklärt Brauer.

Petra Weiland von der Geschäftsführung des "Arbeits- und Förderkreises für Waldorfpädagogik", dem Träger des Kindergartens, erfuhr am Donnerstagnachmittag durch den TV vom Ergebnis des Gutachtens. "Ehrlich gesagt ist mir die Sache mit den Leinöl-Lappen lieber, als wenn ein Brandstifter uns etwas Böses gewollt hätte", sagt sie. Die Kindergartenmöbel würden öfter mit Leinöl behandelt. "Und uns ist die Entzündungsgefahr durchaus bewusst", betont Weiland. Normalerweise würden die Lappen daher sachgerecht entsorgt. Dass dies im Juli wohl nicht passiert ist, hat am Kindergarten einen Schaden von 1,4 Millionen Euro verursacht. Verletzt wurde damals niemand. Mittlerweile haben die Aufbauarbeiten begonnen. In den Herbstferien soll der Dachstuhl erneuert werden. "Spätestens zum nächsten Schuljahr wollen wir wieder einziehen", sagt Weiland.

Derzeit sind die knapp 100 Kindergartenkinder in Containern untergebracht.

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