Weinbau So früh wie selten: Die Trauben sind reif in Trier (mit Video)

Trier/Konz/Longuich/Kasel  · Die Winzer an Mosel, Ruwer und Saar sind zuversichtlich, dass sie dieses Jahr eine gute Ausbeute haben werden. Im Trierer Augenscheiner läuft die Lese bereits und lässt auf einen außergewöhnlichen Wein hoffen.

Der Vollernter des Weinguts Frieden Berg hat am Mittwoch die Rebsorte Auxerrois am Nitteler St.-Rochus-Fels gelesen.

Der Vollernter des Weinguts Frieden Berg hat am Mittwoch die Rebsorte Auxerrois am Nitteler St.-Rochus-Fels gelesen.

Foto: Weingut Frieden-Berg/Max Frieden

Wer auf der B 53 zwischen den Trierer Stadtteilen Pallien und Biewer fährt, bemerkt normalerweise kaum, dass er an einem Weinberg vorbeikommt. Seit Montag ist es aber vorbei mit normalerweise. Im Augenscheiner, so heißt der dem Weingut der Vereinigten Hospitien gehörende Wingert, und an seiner Zufahrt herrscht reger Betrieb. Die Lese hat begonnen. Unnormal früh. Während die meisten Trierer Winzer erst ab den kommenden Wochen die Ernte einfahren, frohlockt Weingutschef Joachim Arns (53) schon jetzt: „Das sind sensationelle Trauben!“ Und soweit es sich um die Rebsorte Grauburgunder handelt, die auf einem Drittel des Drei-Hektar-Areals gedeiht, können sie auch nicht besser  werden: „Die haben ihre optimale Reife“ – zwei Wochen früher als im Durchschnitt der letzten Jahre.

Wegen einer geologischen Besonderheit. Der Augenscheiner, Triers einzige Weinlage links der Mosel, liegt zwischen Fluss und einer steilen Buntsandstein-Felswand und bekommt von beiden Seiten reichlich wachstumsfördernde Hitze ab. Arns rechnet mit einem Leseende am 5. Oktober, also ebenfalls ungewohnt früh. Wenn das Wetter weiter mitspiele, werde auch der Augenscheiner Riesling und Spätburgunder (Rotwein) Spitzenqualitäten bringen.

Maximilian von Kunow, Besitzer des Konz-Oberemmeler Weinguts von Hövel, sieht beste Chancen auch für ein „ertragsmäßig gutes Jahr“. Mit dem Reifegrad der Riesling-Trauben ist er hochzufrieden: „Jetzt schon 71 Grad Öchsle Mostgewicht!“ Die Trauben brauchten noch ein paar Tage gutes Wetter. Am 22. September soll die Riesling-Lese starten – so früh wie noch nie im traditionsreichen Weingut von Hövel: „Wir zeichnen seit  215 Jahren auf, wann die Lese beginnt. Im September war das noch nie der Fall.“

Während die Riesling-Lese noch auf sich warten lässt, läuft die maschinelle Lese anderer Rebsorten wie Müller-Thurgau und Auxerrois schon auf Hochtouren im Anbaugebiet Mosel. Das bestätigen zum Beispiel die Obermosel-Winzer Peter Greif aus Tawern-Fellerich und Max Frieden (Weingut Frieden-Berg) aus Nittel. Greif sagt aber auch: „Der Elbling braucht noch etwas. Wir hoffen auf einen sonnigen Herbst.“ Die Weinmanufaktur Kasel hat schon den Frühburgunder gelesen. Der Riesling sei aber erst in zwei oder drei Wochen dran, sagt Gerhard Biwer, Vorsitzender der kleinen Weingenossenschaft aus dem Ruwertal.

So will es auch Nik Weis aus Leiwen (Weingut St. Urbanshof) machen. Er ist zuversichtlich, dass der Wein gut wird und erklärt warum: „Es gab dieses Frühjahr keinen Frost. Die Blüte verlief ohne viel Regen völlig ungestört. Hagel gab es, aber nur stellenweise und wenig.“ Der anhaltend warme und trockene Sommer hat die Trauben laut den Winzern gut reifen lassen, die Trockenheit hat demnach nur jungen Reben geschadet, deren Wurzeln nicht tief genug in den Boden reichen. „Trotzdem wurde die Trockenheit ja noch ab und zu durch einen leichten Regen unterbrochen, was besser war als gar nichts“, sagt Weis.

Etwas anders sieht das Armin Appel, Vorsitzender des Vereins Saar-Riesling: Die Reifemessung habe zwar hohe Mostgewichte ergeben, die Beeren seien allerdings relativ klein, sagt er. Aufgrund des Trockenstresses dürften die welken Beeren, die aufgrund des fehlenden Wassers nicht gut versorgt worden seien und bitter schmeckten, nicht mitgelesen würden. Ein Problem sei das aber nicht, da seine Trauben ohnehin von Hand gelesen würden.

Nach der kleinen Erntemenge 2017, als Frost und Hagel viele Reben zerstörten, erwarten die Winzer diesmal eine bessere Ausbeute. Dafür spricht auch, dass es nicht nach einem frühen oder schnellen Fäulnisbefall aussieht, „da die Beeren locker an der Traube hängen und viel Luft zum abtrocknen haben“, sagt Nik Weis.

Max von Kunow misst mit dem Refraktometer das Mostgewicht seiner Trauben. Foto: Christian Kremer

Max von Kunow misst mit dem Refraktometer das Mostgewicht seiner Trauben. Foto: Christian Kremer

Foto: TV/Christian Kremer
In der Weinlage Augenscheiner, die den Vereinigten Hospitien Trier gehört, läuft die Traubenlese bereits. Weingutschef Joachim Arns ist mit dem Grauburgunder, der dort zuerst gelesen wird, „höchst zufrieden“.

In der Weinlage Augenscheiner, die den Vereinigten Hospitien Trier gehört, läuft die Traubenlese bereits. Weingutschef Joachim Arns ist mit dem Grauburgunder, der dort zuerst gelesen wird, „höchst zufrieden“.

Foto: TV/Roland Morgen
 1371 erstmals urkundlich erwähnt: Der Augenscheiner gilt als dienstälteste Weinlage Triers. Seit 50 Jahren wächst hier auch Grauburgunder – so lange, wie sonst nirgendwo im Anbaugebiet Mosel.

1371 erstmals urkundlich erwähnt: Der Augenscheiner gilt als dienstälteste Weinlage Triers. Seit 50 Jahren wächst hier auch Grauburgunder – so lange, wie sonst nirgendwo im Anbaugebiet Mosel.

Foto: TV/Rland Morgen

Doch noch ist nicht alles entschieden. Maximilian von Kunow bemüht eine Fußballmetapher, um das zu erklären: „Wir sind in der 75. Minute und führen 3:0.“ Wenn jetzt noch eine Katastrophe passiert, können wir auch noch 3:4 verlieren. So könnten zum Beispiel noch Hagelschauer oder andere Wetterkapriolen den Winzern die 2018er-Lese vermiesen – auch wenn es unwahrscheinlich ist. Denn die Wetterprognosen für die Region sind dank eines beständigen Hochs sehr gut.

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