Sonne, Eichenholz und kein "Jahr null"

Gestern Morgen hätten Vermessungs-Ingenieure im Nebel stochern müssen. Am 23. September im Jahr 17 vor Christus ging die Sonne strahlend über dem Petrisberg auf. An ihrer Schattenlinie in diesem Moment orientiert sich das Straßennetz des römischen Trier, das gestern 2025-jähriges Bestehen feierte.

Trier. Diese Geburtstagsfete hat selbst einen Platz in den Stadt-Annalen verdient. 60 Bürger, die sich schnell genug angemeldet haben, sowie ein gutes Dutzend Funktionäre und Pressevertreter kommen morgens um 7 Uhr im Rheinischen Landesmuseum zusammen, um ein ungewöhnliches Jubiläum zu würdigen: 2025 Jahre Stadt Trier. Klein, aber fein statt mit großem Brimborium. Datum und früher Beginn der Veranstaltung haben ihren guten Grund: Der Schlüssel zum Stadtgründungs-Zeitpunkt ist das wohlproportionierte und akkurat rechtwinklige Straßennetz des römischen Trier, das nicht einfach einem simplen Nord-Süd-Schema entspricht. Vielmehr ist die Ost-West-Achse (Dekumanus) auf den Sonnenaufgang am 23. September (7.11 Uhr MESZ) ausgelegt - an dem Tag, an dem Kaiser Augustus, Stadtgründer und Namensgeber der Augusta Treverorum (Augustusstadt der Treverer) seinen Geburtstag feierte.

Als Beleg für die "Gründungsjahr 17 vor Christus"-Annahme gilt der Bau der ersten Römerbrücke Triers im - das haben dendrochronologische Untersuchungen der verwendeten Eichenpfähle ergeben - gleichen Jahr. Ein zum Museumsbestand gehörender Querschnitt durch einen 91-jährigen Eichenpfahl, der 17 vor Christus gefällt, verarbeitet und verbaut wurde, gilt als "Gründungsscheibe" und gewissermaßen als "natürliche Urkunde", da es keine schriftlichen Belege für das Entstehen der ältesten Stadt Deutschlands gibt. Das oft kolportierte Gründungsjahr "16 vor" hält Mechthild Neyses-Eiden, die Landesmuseums-Fachfrau für Dendrochronologie (Altersbestimmung archäologischer Funde anhand von Jahresringen), für "völligen Unsinn". Wie man auf 2025-jähriges Bestehen kommt, erklärt sie so: "Die historische Zeitrechnung kennt kein Jahr null. Auf das Jahr 1 vor Christus folgt 1 nach Christus."

1984, zu Triers ganzjähriger 2000-Jahre-Jubel-Orgie, wurde das offenbar weniger eng gesehen. Da hieß es "16 vor Christus bis 1984" auf offiziellen Logos und Souvenirs. Die Veranstaltungsteilnehmer erhielten nach kurzen Vorträgen einen exklusiven Einblick in die künftige Dauerausstellung des Landesmuseums. Anschließend stand die Besichtigung von offiziell nicht zugänglichen unterirdischen Bereichen der Kaiserthermen auf dem Programm. Dort sind unter anderem Mauerreste römischer Wohnbebauung zu sehen, die dem Bau der Kaiserthermen im vierten Jahrhundert weichen mussten.

Beeindruckte Bürger, stolzer Oberbürgermeister



Letzte Station war die bronzene Gedenkplakette, die 2004 aus Anlass des 2020-jährigen Stadt-Bestehens zur Erinnerung an Kaiser Augustus auf dem Viehmarkt angebracht wurde.

Resonanz: helle Freude und viel Lob. "Eine tolle Sache und auch für unsereins sehr lehrreich", resümierte Stadtführer Heinz Fischer (64) aus Konz. Helmut Kellendonk zeigte sich dankbar, "mit meinen 92 Jahren so etwas Beeindruckendes erleben zu dürfen". Hanne Wentzel hatte "zweifachen Grund zum Feiern": Sie wurde gestern 60 Jahre alt und frohlockte: "Trier und ich bringen es zusammen auf 2085 Jahre." Und OB Klaus Jensen zeigte sich "glücklich und stolz, dieser Stadt vorstehen zu dürfen".

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