Sozialcard: Neuer Schub für altes Anliegen

Trier · Sozialticket, Familienpass, Sozialcard: Das "Kind" hat viele Namen - aber es ist noch nicht auf der Welt. Nach vielen parteiübergreifenden Absichtsbekundungen, eine kommunale Ermäßigungskarte für finanzschwache Mitbürger einzuführen, versuchte Katrin Werner (Linke) gestern Abend im Stadtrat die Geburt einzuleiten.

Trier. Das Anliegen ist ein alter Hut. Schon 2003 wollten die Grünen die Stadtverwaltung dazu bringen, einen Familienpass einzuführen. Später schrieb sich die SPD dasselbe Ziel auf die Fahne, und 2008 ging die Linke noch weiter und forderte einen Sozialpass. Das Anliegen war im Grunde stets dasselbe, auch wenn die Zielgruppen anders definiert wurden: finanziell Bedürftigen oder stark belasteten Mitbürgern eine möglichst preiswerte Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben zu ermöglichen.
Außerhalb von Wahlkampfzeiten verlor das gut gemeinte Anliegen offenbar an Priorität.
Denn obwohl der Stadtrat vor drei Jahren auf Antrag der SPD einstimmig die Einführung eines Familienpasses für Vergünstigungen bei städtischen Kulturveranstaltungen, Volkshochschule, Musikschule und Tufa, bei Ferien- und Freizeitangeboten sowie im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) beschlossen hat, ist noch nichts passiert. Es gibt weiterhin lediglich ein Sammelsurium von Rabatten etwa für Museumsbesuche oder Schwimmbäder (die bei Vorlage des abgebildeten Familienpasses für die beiden städtischen Freibäder gewährt werden). In der Stadtratssitzung gestern Abend unternahm Katrin Werner einen neuerlichen Vorstoß. Ihr Problem: Als Einzelvertreterin der Linken kann die 38-Jährige, die auch dem Bundestag angehört, keinen Antrag stellen. Das ist Fraktionen vorbehalten.
Aber: Seit 1. Juli gibt es in Saarbrücken die Sozialcard. Die nahm Katrin Werner als Aufhänger für eine umfangreiche Anfrage. So wollte sie unter anderem wissen, was es die Stadt Trier kosten würde, Beziehern von Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe und Asylbewerberleistungen sowie Niedrigverdienern und Schülern/Auszubildenden die Nutzung des ÖPNV zu ermäßigen (in Saarbrücken kostet das Monatsticket mit Sozialcard 33,40 statt 50 Euro). Und welche Vergünstigungen für die diese Gruppen analog zur Sozialcard für die Bereiche Bildung, Kultur und Freizeit angeboten werden könnten. In vielen Punkten musste Bürgermeisterin Angelika Birk passen, die Fragen seien "nicht mit einem überschaubaren Aufwand zu beantworten." Gleichwohl kündigte sie an, sie werde in einer der nächsten Sitzungen dem Rat einen Beschlussvorschlag präsentieren "und darin auch die Aspekte einer Sozialcard aufgreifen."
Offenbar ist aber bereits Bewegung da: Nach inoffiziellen TV-Informationen hat die Stadtverwaltung bei den Saarbrücker Kollegen angeklopft und nach den Anfangserfahrungen mit der Sozialcard gefragt. Die gewährt in Verbindung mit dem Personalausweis ein breites Spektrum von Ermäßigungen. So kostet etwa der Zoobesuch nur noch rund 60 Prozent des regulären Eintrittspreises, das Schwimmen in städtischen Frei- und Hallenbädern sogar nur die Hälfte. Auch auf Unterrichtsentgelte der Saarbrücker Musikschule erhalten Sozialcard-Besitzer und ihre Angehörigen einen 50-prozentigen Rabatt, für Museen der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz unterschiedliche Ermäßigungen oder freien Eintritt. Saarbrückens Sozialcard ist maximal ein Jahr lang gültig und muss dann neu beantragt werden.

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