Sozialwohnung hier, Ferienhaus dort

TRIER. Das Angebot an günstigen Wohnungen in Trier liegt weit unter dem Bedarf. Gleichzeitig kursieren Gerüchte über Menschen, die in günstigen Sozialwohnungen leben, obwohl sie durchaus marktübliche Mieten zahlen könnten. Die "Fehlbelegungsabgabe", die diese Mieter früher zahlen mussten, gibt es seit 2001 nicht mehr.

Wer in schwierigen finanziellen Verhältnissen lebt, kann beim Rathaus einen Wohnberechtigungsschein (WBS) beantragen. Der WBS ebnet den Weg, Mieter einer der öffentlich geförderten Wohnungen in Trier zu werden. Die Quadratmeter-Mieten in diesen Sozialwohnungen liegen zwischen ein und zwei Euro unter dem Mietspiegel. So kosten die städtischen, öffentlich geförderten Wohnungen in der Zurmaiener Straße 3,75 Euro pro Quadratmeter bei einem Mietspiegel von 4,70 bis 4,85 Euro. Bei den städtischen Wohnungen in der Eurener Straße beträgt die Sozialmiete 2,67 Euro pro Quadratmeter - nur rund 65 Prozent des durchschnittlichen Mietsatzes (4,25 Euro/Quadratmeter) in dieser Lage. Zu wenig Sozialwohnungen

Bei einer 70-Quadratmeter-Wohnung macht das einen Kaltmietenunterschied von über 110 Euro pro Monat aus. Wer einmal per WBS eine öffentlich geförderte Wohnung angemietet hat, kann dort wohnen bleiben - auch, wenn sich seine finanzielle Situation stark verbessert. "Viele ehemalige Studenten, die einst in geförderte Wohnungen gezogen sind, sind jetzt Studienräte, zahlen aber immer noch die ermäßigte Miete", führt Hans Weber, Geschäftsführer des Mietervereins Trier, an. Etliche der geförderten Wohnungen von Stadt und Wohnungsbaugenossenschaften und -gesellschaften sind zwar in einem Zustand, der bei entsprechender Finanzkraft nicht gerade zum Bleiben verführt. Aber einige der Häuser sind frisch renoviert und entsprechen durchaus dem Standard. Die Innenausstattung können Mieter auf eigene Kosten aufwerten - viele der günstigen Wohnungen sind so attraktiv geworden. "Ich weiß von Familien, die hier in einer Sozialwohnung wohnen und sich dadurch ein Ferienhaus in Spanien leisten können", sagt ein Kenner des Trierer Wohnungsmarktes. Bis 2001 mussten Mieter in Sozialwohnungen, deren finanzielle Verhältnisse sich stark verbessert hatten, eine Fehlbelegungsabgabe zahlen. Dann beschloss der Stadtrat auf Antrag der UBM-Fraktion mit den Stimmen von CDU, bei Enthaltung der SPD und den Gegenstimmen der Grünen die Abschaffung dieses Ausgleichsbetrags. Der bürokratische Aufwand sei zu hoch. Die UBM befürchtete zudem eine "Ghettoisierung" von Wohngebieten, weil die Fehlbelegungsabgabe sozial besser Gestellte zum Auszug bewegen würde. "Unter dem Gerechtigkeitsaspekt müsste die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe hinterfragt werden", sagt Bernd Steinmetz, Vorsitzender der Wohnungsgenossenschaft am Beutelweg. "Auf der anderen Seite tragen Mieter, die es schaffen, sich von niedrigem finanziellen Niveau nach vorne zu arbeiten, positiv zur Entwicklung der Wohngebiete bei." Bevor die Fehlbelegungsabgabe abgeschafft wurde, waren im städtischen Haushalt rund 250 000 Euro jährliche Einnahmen aus dieser Quelle eingestellt. Zu diesem Einnahmenverzicht und der ungerecht anmutenden Fehlbelegung öffentlich geförderter Wohnungen kommt, dass in Trier zu wenig günstige Wohnungen frei sind, um den Bedarf zu decken. "Wir haben rund 800 Bewerbungen auf dem Tisch liegen, denen wir nicht entsprechen können", heißt es von der größten Wohnungsbaugesellschaft Trier, der GBT. Dabei unterhält allein die GBT rund 1980 geförderte, günstige Wohnungen im Stadtgebiet. Die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage zeigt sich auch im Jahresbericht der städtischen Wohnberatungsstelle, den Sozialdezernent Georg Bernarding in der jüngsten Ausschusssitzung vorlegte: Nur 57 Prozent der insgesamt 551 Bewerbungen um öffentlich geförderte Wohnungen konnten im vergangenen Jahr seitens des städtischen Amts entsprochen werden. Laut Bericht liege das allerdings auch daran, dass "zunehmend städtischer Wohnraum trotz eines dringenden Bedarfs wegen des Standards (oftmals Ofenheizung, keine Dusche oder Bad)" abgelehnt werde.

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