Spätes Schweigen

Vor dem Trierer Landgericht ist gestern der Berufungsprozess gegen zwei ehemalige Abteilungsleiter der Verbandsgemeindeverwaltung Gerolstein fortgesetzt worden. Den beiden Pensionären wird Beihilfe zur Untreue vorgeworfen. Überraschenderweise gibt es immer noch kein Urteil.

Trier/Gerolstein. (sey) Es mag ein wenig an den schwül-heißen Außentemperaturen liegen, dass im Gerichtssaal die Nerven mitunter blank liegen, sich die Akteure in wechselseitiger Besetzung schon mal in die Wolle bekommen und mächtig anblaffen. So heftig, dass der Hauptzeuge an diesem zweiten Prozesstag, der ehemalige Gerolsteiner Büro- und jetzige Bauamtsleiter, zwischendrin auf seine Herzerkrankung aufmerksam macht. "Ihre Art der Verhandlungsführung", blafft der 58-Jährige den immer wieder scharf nachfragenden Vorsitzenden Richter Peter Egnolff an, "könnte dazu führen, dass ich verhandlungsunfähig werde.".Eine Viertelstunde später macht der Oberamtsrat dann das, was er womöglich besser von Anfang an gemacht hätte: Er schweigt. Das darf der Bauamtsleiter, weil die Staatsanwaltschaft auch gegen ihn ein Verfahren eingeleitet hat - wegen Beihilfe zur Untreue. Der ehemalige Büroleiter soll vor sieben Jahren maßgeblich daran beteiligt gewesen sein, dass seine beiden Kollegen "mit einem goldenen Handschlag" in die Altersteilzeit verabschiedet wurden. Der eine Abteilungsleiter bekam seine im Laufe der Zeit angesammelten Überstunden vergütet (insgesamt rund 30 000 Mark), der andere erhielt für seinen Zusatzjob als Volkshochschul-Geschäftsführer plötzlich gut 1500 Mark monatlich statt zuvor 250. Das war zwar nicht rechtmäßig, kompensierte für die beiden in erster Instanz freigesprochenen Beamten aber deren Mindereinnahmen durch die Altersteilzeit (der TV berichtete). Als Hauptdrahtzieher des Deals gilt der (mittlerweile verurteilte) damalige VG-Bürgermeister Adolf Rodermann. Sein Ex-Büroleiter soll sozusagen für die Feinarbeit zuständig gewesen sein. Beispielsweise dafür, dass die satte Diätenerhöhung des VHS-Geschäftsführers nicht - wie vorgeschrieben - von den Mandatsträgern abgesegnet wurde. Der Ex-Büroleiter trägt am Mittwoch vor dem Landgericht wenig Erhellendes bei, auch wenn er eingangs seiner Zeugenvernehmung ankündigt, er werde "heute vieles sagen, was nicht in den Akten steht". Staatsanwalt Wolfgang Bohnen ist von den ausschweifenden Ausführungen des Oberamtsrats sogar so genervt, dass er ein Ordnungsgeld gegen den Mann ins Gespräch bringt. Doch der Vorsitzende Richter winkt gnädig ab. "Im Prinzip", lässt Egnolff den an diesem Tag nicht angeklagten Mann wissen, "haben Sie heute ein Geständnis abgelegt." Über diese Aussage ist der Bauamtsleiter so erzürnt, dass er fortan lieber schweigt. "Wenn Sie mich hier so beschädigen, mache ich von meinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch", sagt er dem Richter.Der Prozess gegen die beiden ehemaligen Abteilungsleiter wird am Freitag in zwei Wochen fortgesetzt. Wahrscheinlich fällt an diesem Tag auch das Urteil.

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