Stadtrat stimmt für Sexsteuer

Trier · Prostituierte und Bordellbetreiber müssen ab dem 1. Oktober eine zusätzliche Abgabe in die Stadtkasse zahlen. Das hat der Stadtrat am Donnerstagabend beschlossen - gegen die Stimmen von Grünen- und Linksfraktion, die befürchten, dass die Sexsteuer die Arbeitsumstände der rund 50 Prostituierten, die in Trier arbeiten, weiter verschlechtern wird.

 Ein ähnliches Schreiben wie dieser vom TV für das Symbolfoto imitierte Steuerbescheid könnte den 20 Trierer Bordellen, Nachtklubs und Bars im Herbst in die Briefkästen flattern. TV-Foto: Friedemann Vetter

Ein ähnliches Schreiben wie dieser vom TV für das Symbolfoto imitierte Steuerbescheid könnte den 20 Trierer Bordellen, Nachtklubs und Bars im Herbst in die Briefkästen flattern. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Mit rund 87 000 Euro Einnahmen jährlich rechnet die Stadtverwaltung aus der neuen Sexsteuer. Prostituierte müssen ab Oktober fünf Euro pro Tag zahlen, Bordellbetreiber täglich 1,50 Euro pro zehn Quadratmeter Betriebsfläche.
Um die Steuer einzutreiben, rechnet Oberbürgermeister Klaus Jensen allerdings damit, eine neue Halbtagsstelle schaffen zu müssen. "Allerdings wohl nur in der Anlaufzeit - später werden wir darauf wohl verzichten können", erklärte er in der Stadtratssitzung am Donnerstag.
Gesamtkonzept in Arbeit


Unterm Strich bliebe trotzdem "kein lächerlicher Betrag" übrig, sagte Stadtrat Peter Spang von der FWG-Fraktion. Angesichts der desolaten Haushaltslage sei es Pflicht, diese zur Vergnügungssteuer zählende Abgabe zu erheben. Zumal ja nicht die Prostituierten besteuert würden, sondern die Freier, die "sich dieses Vergnügen - und was soll es anderes sein? - leisten können."
Corinna Rüffer war die Entrüstung anzusehen. Die Steuer sei nicht vorrangig ein haushaltspolitisches Thema, betonte die sozialpolitische Sprecherin der Grünen. "Die wenigsten Prostituierten arbeiten freiwillig, sondern befinden sich in den Händen von Menschenhändlern. Die Steuer wird die Abhängigkeit der Frauen gegenüber ihren Zuhältern noch erhöhen", sagte Rüffer.
Kathrin Werner von der Linksfraktion kritisierte, dass die Sexsteuer - jährlich immerhin rund 1500 Euro bei 26 Arbeitstagen pro Monat - die Frauen in die Illegalität treiben könne.
"Wer soll das kontrollieren?"


"Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen sind ohnehin schon auf der sozialen Leiter ganz unten angekommen. Es ist unerträglich, dass wir eine Sexsteuer erheben, nur weil die Finanzaufsichtsbehörde ADD von uns verlangt, alle Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen", sagte Werner.
Auch die FDP stimmte gegen die Sexsteuer, allerdings aus anderen Gründen: "Es ist richtig, eine solche Steuer zu erheben. Aber wer soll das alles kontrollieren?", fragte FDP-Stadtrat Felix Brand. Die Zahl der Prostituierten in Trier liege nicht bei 50, sondern sei drei- bis viermal so hoch, behauptete der Polizist. Das ohnehin knapp besetzte Ordnungsamt könne die Kontrollen nicht übernehmen. "Entweder wir stellen weiteres Personal ein, oder wir lassen die Sache gleich ganz bleiben", sagte Brand.
Oberbürgermeister Jensen betonte, dass dem Stadtvorstand sehr wohl die Problemlagen im Zusammenhang mit Prostitution bekannt seien. "Aber auch ohne Steuer blieben diese bestehen", erklärte er. Mit der Gesamtsituation beschäftige sich außerdem ein städtischer Arbeitskreis (siehe Extra). Gegen die Stimmen von Grünen, Linke und FDP beschloss der Stadtrat mit einer Mehrheit aus den Fraktionen von CDU, SPD und FWG die neue Sexsteuer.Extra

Die Sexsteuer ist nur ein Teil des Gesamtkonzepts, das der städtische "Arbeitskreis Prostitution und Vergnügungssteuer" derzeit entwickelt. Die Mitarbeiter verschiedener Ämter, unter anderem Ordnungsamt, Jugendamt und Stadtplanungsamt, überlegen auch, wie es weitergehen soll mit dem Straßenstrich in der Ruwerer Straße. Seit genau einem Jahr bieten dort bis zu fünf Prostituierte ihre Dienste an. Dazu kommt, dass bei der Stadtverwaltung immer mehr Anträge für die Neuansiedlung von Bordellen und zur gewerblichen Nutzung von Wohnungen zur Prostitution eingehen. Einen Termin, bis wann das Gesamtkonzept vorliegen soll, nannte der zuständige Ordnungsdezernent Thomas Egger in der Ratssitzung am Donnerstag nicht. woc

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